Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo bleibt die Kavallerie?
Schade, dass Peer Steinbrück nicht mehr Finanzminister ist. Amtsinhaber Wolfgang Schäuble ist zwar auch ein Mann klarer Worte, aber so weit wie der Sozialdemokrat würde er nicht gehen. Steinbrück soll 2008 gedroht haben, die Steueroase Schweiz zur Not mit der Peitsche zur Vernunft zu bringen. Am Ende wollte Steinbrück gar mit der Kavallerie Richtung Bern und Zürich reiten, um Überzeugungsarbeit für mehr Steuergerechtigkeit zu leisten. Das Echo aus dem Land der Berge fiel verheerend aus. Vom hässlichen Deutschen war wieder die Rede.
Gegen Steinbrück ist die derzeit so geschmähte CDU-Frau Ursula von der Leyen eine ProvokationsAnfängerin. Aber genau so ein scharfzüngiger Querschießer wie der SPD-Politiker wäre jetzt der richtige Mann angesichts der Tatsache, dass die Schweiz zwar keine Kavallerie nach Deutschland geschickt hat, vermutlich aber einen Spion anzuheuern wusste. Wenn die Berichte stimmen, handelt es sich um einen Skandal, über den sich deutsche Politiker so lautstark empören sollten, wie es die Mächtigen in der Schweiz über die Schmutzeleien Steinbrücks getan haben. Im Dauer-Steuer-Länderspiel der Geschmacklosigkeiten stünde es 1:1.
Dabei fördert die Affäre erstaunliche Erkenntnisse zutage, haben die Eidgenossen doch einen Geheimdienst namens NDB. Wer hätte das gewusst? Schweizer Käse, Schokolade und Uhren, natürlich die päpstliche Schweizergarde, ja berühmte Schweizer wie Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Martina Hingis und Roger Federer – all diese Phänomene sind uns vertraut.
Aber ein Geheimdienst, der die nordrhein-westfälische Steuerverwaltung anzuzapfen vermag, das wirft dann doch ein anderes Licht auf das gern unterschätzte Land.