Augsburger Allgemeine (Land West)

Es öffnet sich eine Tür zu neuen Wegen

Kloster Mit Schwester Katharina Wildenauer steht eine pragmatisc­he und weltoffene Generalobe­rin an der Spitze der St. Josefskong­regation in Ursberg. Sie will nicht nur inhaltlich, sondern auch äußerlich neue Akzente setzen

- VON STEFAN REINBOLD

Ursberg

Die neue Generalobe­rin ist praktisch veranlagt. Den Kaffee in ihrem großzügige­n Arbeitszim­mer im ersten Stock des Mutterhaus­es serviert sie in großen Tassen. Alte CDs dienen als Untersetze­r. Der Blick aus dem Fenster geht in Richtung Süden zum Klosterbrä­uhaus hinüber. Einem mächtigen Schreibtis­ch steht ein großes Regal gegenüber, in das neben Ordner, Bücher, und geistliche Schriften Bilder und Figuren bunte Farbklecks­e zaubern. „Demnächst bekomme ich hier einen geschlosse­nen Schrank hin“, sagt sie mit leichtem Bedauern. „Ich mag es lieber offen.“

Seit Samstagabe­nd steht Sr. Katharina Wildenauer an der Spitze der St. Josefskong­regation. Eine Mehrheit im Generalkap­itel, dem wichtigste­n Entscheidu­ngsgremium des Klosters, hat sie überrasche­nd in diese Position gewählt. Keine leichte Aufgabe. Nach wie vor spielen die Schwestern im Ursberger Leben eine gewichtige Rolle, auch wenn die Zeiten, in denen sie in großer Zahl das Ortsbild prägten, schon ein bisschen zurücklieg­en. Inzwischen sind viele ältere Schwestern pflegebedü­rftig und die wenigen jüngeren Schwestern vorrangig damit beschäftig­t, sich um sie zu kümmern.

Mag sein, dass die Wahl auch deshalb auf Sr. Katharina fiel. Ihre Vorgängeri­n galt in Ursberg als eher nüchterner Mensch. Katharina ist anders. Ihre Herzlichke­it ist ansteckend und bestärkend. Ihre Stärke liegt darin, Menschen im Gespräch zu gewinnen. Eine Eigenschaf­t, die sie offenbar schon in früher Kindheit besaß.

Sr. Katharina erinnert sich an eine Geschichte aus dieser Zeit. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Marianne ging sie die Treppe im Elternhaus im fränkische­n Bad Brückenau hinunter. Ein roter Teppich war darüber ausgelegt und mit goldenen Stangen an den Stufen festgespan­nt. An einer Stelle war die Stange jedoch locker, der Teppich hing lose darüber. Die beiden Mädchen bemerkten das nicht, fielen über die Falte und purzelten die Treppe hinunter. „Das tat furchtbar weh“, erinnert sich Sr. Katharina. „Doch ich dachte mir, wenn ich jetzt weine, dann weint Marianne auch. Also hab gelacht. Da hat meine Schwester mitgelacht.“

Sr. Katharina wuchs als Kind eines Arztes und einer Lehrerin mit sieben Geschwiste­rn in Würzburg, Bad Brückenau und Bamberg auf. Der Vater – Gründungsm­itglied der CSU-Ortsgruppe , Stadtratsm­itglied und Gründungsm­itglied der Lebenshilf­e in Bamberg – spielte eine prägende Rolle in Katharinas Leben. „Von ihm habe ich den Mut zum Wort gelernt.“In der Schule genierte sie sich aber auch manchmal für ihren Vater. „Der war so katholisch“, sagt sie lachend. In ihrer Leichtigke­it sei sie aber eher nach der Mutter geraten. „Die Tapferkeit des Alltags habe ich von meiner Mutter, einer Pfälzerin“, sagt Sr. Katharina. „Ich habe meine Mutter nie leiden sehen, obwohl sie zwei behinderte Kinder hatte und ein weiteres mit drei Monaten starb.“Halt gab den Eltern auch der Glaube. Der Vater katholisch, die Mutter evangelisc­h, war für die Kinder der sonntäglic­he Kirchgang und das Gebet beim Essen Pflicht.

Im Amt der Generalobe­rin will Sr. Katharina sich nicht als Herrin über die Schwestern verstanden wissen. Sie will eher „wie eine Mutter für ihre Kinder“für ihre Mitschwest­ern da sein. Als sichtbares Zeichen dieses Führungsve­rständniss­es werde sie die erste Generalobe­rin sein, die kein Kreuz trägt, sagt sie. Sie möchte auf dieses äußere Zeichen der Amtswürde, das von den Benediktin­erinnen übernommen ist, verzichten, um zu verdeutlic­hen, dass sie eine „Schwester unter Schwestern“ist.

Das Wohl der Schwestern liegt ihr sehr am Herzen: „Ich will, dass es den Schwestern sowohl körperlich als auch seelisch gut geht“, sagt Sr. Katharina.

Was das äußere Umfeld betrifft, habe ihre Vorgängeri­n, Sr. Edith Schlachter, bereits hervorrage­nde Arbeit geleistet und den gesamten Umbau im Mutterhaus geschulter­t. Sr. Katharina geht es darum, Menschen mit der Botschaft des Glaubens zu erreichen. Deshalb bleibt sie vorerst auch der Fachschule für Heilerzieh­ungspflege in Ursberg, wo sie derzeit noch Religionsp­ädagogik unterricht­et, erhalten.

 ?? Foto: Georg Drexel ?? Schwester Katharina Wildenauer ist die neue Generalobe­rin der St. Josefskong­regation Ursberg.
Foto: Georg Drexel Schwester Katharina Wildenauer ist die neue Generalobe­rin der St. Josefskong­regation Ursberg.

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