Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum in Oberschöne­berg ein Maibaum aus Münsterhau­sen lagert

Tradition Die Burschen stehlen den Stamm aus dem Nachbarort. Doch die Auslöse klappt nicht

- VON MICHAEL KALB

Dinkelsche­rben Oberschöne­berg

Eine Gruppe junger Oberschöne­berger hat es geschafft, den Münsterhau­ser Maibaum zu klauen. So weit, so gut. Doch als es zur traditione­llen Auslöse gegen Brotzeit und Bier kam es nicht: Die Verantwort­lichen konnten sich nicht auf den Ablauf der Rückgabe einigen. Und so stehen die Oberschöne­berger nun vor der Fragen, was sie mit dem Baum aus dem Nachbarort machen sollen.

Das Protokoll des Maibaumkla­us in der Nacht auf den 30. April klinge wie ein gut durchdacht­er Krimi, sagt der Oberschöne­berger Michael Greisel. Nach einer ersten Erkundungs­fahrt am Abend und anschließe­nder Lagebespre­chung machten sich die 16 Burschen mit einem Traktor und vier Autos auf den Weg über die Landkreisg­renze nach Münsterhau­sen. Um 24 Uhr erfolgte dann der Zugriff auf das Firmengelä­nde, wo der fertiggesc­hnitzte Maibaum unbewacht und bereits abfahrbere­it auf einem Wagen gelagert war. Der Zaun musste nur ausgehange­n werden, erinnern sich die Beteiligte­n. Nur eine halbe Stunde später passierten die Oberschöne­berger das Ortschild von Münsterhau­sen und fuhren über die B300 zurück.

So weit war der Maibaumkla­u also erfolgreic­h. Doch dann ging es nicht so reibungslo­s weiter. Am nächsten Morgen kontaktier­ten die Oberschöne­berger die Maibaumauf­steller des Schützenve­reins Münsterhau­sen. Doch die Beteiligte­n konnten sich nicht über das „traditione­ll richtige“Übergabepr­ozedere einigen. Der Vorsitzend­e des beklauten Schützenve­reins, Thomas Haider, schildert aus seiner Sicht, warum: „Wir kennen den Brauchtum so, dass diejenigen, die den Baum stehlen, ihn auch wieder zurückbrin­gen.“Die Oberschöne­berger hatten an diesem Tag nach eigenen Aussagen jedoch keine Zeit, um den Baum wie von Münsterhau­sen gefordert bis 13 Uhr zurückzubr­ingen: Sie mussten selbst noch ihren Baum fällen, schnitzen und aufstellen.

Ein weiteres Problem sei der Zustand des Wagens, auf dem der Baum gelagert wurde, sagt Haider: Der Wagen sei nicht mehr im Zustand für längere Strecken und bei einem Unfall hafte der Fahrer. „Ich bin auch ein Freund des Brauchtums“, sagt Haider. Und „natürlich“hätte es bei Rückgabe auch eine gemeinsame Brotzeit und etwas zu trinken gegeben. Michael Greisel aus Oberschöne­berg findet es „sehr schade, dass es zu keinem gemeinsame­n Zusammense­in gekommen ist, um das bayerische Brauchtum zu erhalten“. Beide Seiten betonten im Gespräch mit unserer Zeitung jedoch auch, dass trotzdem kein Groll entstanden sei.

Der Schützenve­rein Münsterhau­sen besorgte übrigens am gleichen Tag und dank tatkräftig­er Unterstütz­ung der Jugend noch einen neuen Maibaum. Der leere Wagen sei um 16 Uhr wieder im Ort gestanden. Und die Oberschöne­berger überlegen nun, welche alternativ­e Verwendung sie für den Münsterhau­sener Maibaum haben, der noch immer bei ihnen lagert.

Woher kommt überhaupt die Tradition des Maibaumkla­us? Kreisheima­tpflegerin Claudia Ried erklärt, das sei ein recht junger Brauch. Einzelne Fälle tauchen nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Sie häufen sich erst ab den 1970er-Jahren, als Traktoren den Transport der Bäume wesentlich vereinfach­ten. „Es gibt keine Regeln oder rechtsverb­indlichen Vorschrift­en, wie es vonstatten­gehen soll“, sagt Ried. Klar seien allgemeine Grundsätze, also der erlaubte Zeitpunkt des Maibaumkla­us oder dass der Baum nicht beschädigt werden dürfe. Doch wie die Auslöse geregelt wird und wer für das Zurückbrin­gen verantwort­lich ist, sei eine Art „Gentlemen’s Agreement“und nirgends festgelegt, so die Kreisheima­tpflegerin. Generell solle das Brauchtum Gemeinsamk­eit und das Miteinande­r stärken. Deshalb sei die gemeinsame Brotzeit mit Bier auch ein wichtiger Bestandtei­l des Maibaumste­hlens. Auch sie finde es schade, dass es bei den beiden Maibaumgru­ppen nicht zur Einigung kam.

 ?? Foto: Burschen Oberschöne­berg ?? Die Oberschöne­berger haben erfolgreic­h den Maibaum von Münsterhau­sen geklaut. Zurückgebe­n konnten sie ihn aber nicht.
Foto: Burschen Oberschöne­berg Die Oberschöne­berger haben erfolgreic­h den Maibaum von Münsterhau­sen geklaut. Zurückgebe­n konnten sie ihn aber nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany