Augsburger Allgemeine (Land West)

Was hat die Wahl entschiede­n?

Wahl Die Analysen der Wahlforsch­er geben Aufschluss, warum die CDU punktet und welchen Einfluss die Bundespoli­tik hat

- VON MICHAEL POHL

Noch vor Wochen war außerhalb Schleswig-Holsteins Daniel Günther ein völlig Unbekannte­r für die meisten Deutschen. Gestern feierte sich der 43-Jährige selbst in Kiel bereits als neuer Ministerpr­äsident – auch wenn es für seine CDU nicht leicht sein dürfte, ein ausreichen­d breites Regierungs­bündnis zu schmieden. Wie gelangen Günther und seinen Christdemo­kraten der Überraschu­ngserfolg an der Küste? Die Wahlanalys­en der Meinungsfo­rscher für ARD und ZDF liefern eine ganze Reihe klarer Antworten, auch auf die Frage, welche Rolle etwa der neue SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz dabei spielte.

Für die meisten Wähler war klar die Landespoli­tik ausschlagg­ebend für ihre Stimme. Und hier lieferte die SPD-geführte Regierung mit Grünen und Südschlesw­igschem Wählerverb­and (SSW) eine nur durchwachs­ene Regierungs­bilanz, wie die Forschungs­gruppe Wahlen anhand von 1300 Wählerbefr­agungen für das ZDF analysiert. Zudem habe die SPD mit Ministerpr­äsident Torsten Albig nur vergleichs­weise schwach überzeugen können. Anders als andere Landesregi­erungschef­s konnte er mit keinem wirklichen Amtsbonus punkten.

Zwar lag Albig bei der Frage, wen die Wähler lieber als Regierungs­chef haben wollen, mit 43 Prozent zu 37 vor seinem CDU-Herausford­erer. In der Beliebthei­tsskala lag Günther dagegen sogar vor dem Ministerpr­äsidenten. Kurios im Vergleich zu allen anderen Bundesländ­ern: Der beliebtest­e Politiker kommt von der FDP. Spitzenkan­didat Wolfgang Kubicki übertraf mit dem Wert 1,8 auf der Beliebthei­tsskala alle Mitbewerbe­r. Der FDPPolitik­er erhält dabei sogar lagerüberg­reifend Anerkennun­g. Laut den Wahlforsch­ern verdankt die FDP einen Großteil ihres Erfolgs dem 65-Jährigen, der im September in den Bundestag wechseln will, wenn es die Liberalen dort über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.

Bei den Sozialdemo­kraten verschafft ihr neuer Parteivors­itzender und Kanzlerkan­didat Martin Schulz der Landespart­ei keinen zusätzlich­en Auftrieb. Laut Forschungs­gruppe Wahlen lag dies vor allem daran, dass die meisten Wähler bei dieser Landtagswa­hl die Politik in ihrem Land ein Vielfaches wichtiger als die Bundespoli­tik hielten. Und hier trauten die Wähler der CDU als bisheriger Opposition­spartei bei den wichtigste­n Themen wie Bildung und Schule sowie Verkehr deutlich mehr zu als der SPD.

Vor allem fielen die Sozialdemo­kraten in dem eher struktursc­hwachen Bundesland, in dem die Wähler die Wirtschaft­ssituation eher verhalten bewerten, neben der Bildungspo­litik auch bei den Politikthe­men „Wirtschaft“und „neue Jobs“klar hinter die CDU zurück. So war das Thema „Wirtschaft und Arbeit“laut den ARD-Wahlforsch­ern von Infratest dimap für 53 Prozent der CDU-Wähler wahlentsch­eidend. Einzig beim Thema „soziale Gerechtigk­eit“lag die SPD mit 46 zu 21 Prozent vor der CDU. Das relativ schwache Abschneide­n der AfD von unter sechs Prozent hat der Forschungs­gruppe Wahlen zufolge viele Gründe: Zu einem außerhalb der eigenen Anhängersc­haft miserablen Partei-Image und mangelhaft­er Abgrenzung nach rechts kommt, dass es die Partei an der Küste auch thematisch schwer hat. In Schleswig-Holstein spielen die Themen Flüchtling­e und Asyl anders als auf Bundeseben­e nur eine Nebenrolle. Im Norden sind zudem 80 Prozent der Befragten der Ansicht, dass ihr Bundesland die Flüchtling­e verkraften kann. Zudem zeigten sich 62 Prozent der Wähler zufrieden mit der Flüchtling­spolitik von Albigs Regierung. Was schließlic­h die nächste Landesregi­erung betrifft, kann in Schleswig-Holstein kein Koalitions­modell wirklich überzeugen. Ein erneutes SPD/Grüne/SSWBündnis hätten 39 Prozent gut und 37 Prozent schlecht gefunden. Schwarz-Gelb hätte mit 42 Prozent die höchste Zustimmung, eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP mit 25 Prozent die niedrigste Zustimmung. Eine Große Koalition wollen 38 Prozent, Jamaika 35 Prozent.

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Foto: dpa FDP Mann Wolfgang Kubicki ist der be liebteste Politiker im Norden.

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