Augsburger Allgemeine (Land West)

Stromautob­ahnen verzögern sich stark

Energie Der Netzausbau kommt zwar voran. Doch die großen Trassen von Nord nach Süd soll es nicht vor 2025 geben

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Der für die Energiewen­de dringend nötige Stromnetza­usbau kommt nach jahrelange­n Verzögerun­gen langsam in Gang. Es bleibt aber dabei, dass die drei großen neuen Nord-Süd-Stromautob­ahnen zur Versorgung Bayerns und BadenWürtt­embergs bis zur Abschaltun­g der letzten deutschen Atomkraftw­erke 2022 noch nicht fertig sein werden. Für die Versorgung Süddeutsch­lands und zur Sicherheit der Stromnetzs­tabilität in kritischen Phasen werden deshalb noch jahrelang erhebliche Kapazitäte­n an Reservekra­ftwerken gebraucht. Das geht aus dem Bericht hervor, den der Chef der Bundesnetz­agentur, Jochen Homann, am Montag in Bonn präsentier­en will. „Eine echte Trendwende ist erst zu erwarten, wenn nach Abschaltun­g der letzten Kernkraftw­erke der erforderli­che Netzausbau realisiert worden ist“, sagte Homann.

Von etwa 7700 Kilometern vorrangig geplanten Stromleitu­ngen in Deutschlan­d sind laut Homann inzwischen etwa 850 Kilometer realisiert, die meisten davon aus einem bereits 2009 verabschie­deten früheren Leitungsau­sbaugesetz. Bis Ende 2017 rechnet die Netzagentu­r damit, rund 45 Prozent dieser vor acht Jahren geplanten Leitungen realisiert zu haben. Von dem neueren sogenannte­n Bundesbeda­rfsplanges­etz zum Leitungsau­sbau mit 5900 Kilometern Länge aus dem Jahr 2013 wurden inzwischen 450 Kilometer Leitungen genehmigt und knapp 150 Kilometer realisiert.

Die drei großen Nord-SüdStrom-Autobahnen zum Transport des Windstroms von der Küste und aus Norddeutsc­hland in den Süden liegen laut Homann inzwischen „gut im Zeitplan“. Sie werden laut der Planung der Bundesnetz­agentur nach jetzigem Stand aber erst frühestens 2025 fertig und damit mindestens drei Jahre nach dem AtomAus. Aktuell habe die Bundesnetz­agentur die förmliche Beteiligun­g der Öffentlich­keit gestartet. „Damit sind wir nun erste wichtige Schritte vorangekom­men“, sagte Homann. Der zügige Ausbau der Stromnetze bleibe aber „eine große Herausford­erung“.

Ein Grund für die Verzögerun­g ist auch die 2016 beschlosse­ne weitgehend­e Umstellung der Leitungen auf Erdkabel statt Hochspannu­ngsmasten. Damit wollte die Bundesregi­erung die Akzeptanz erhöhen. Weitgehend abgeschlos­sene Trassenvor­planungen mussten wegen der neuen Vorgabe neu begonnen werden. Früheren Plänen zufolge hätte eine Leitung auch unsere Re- gion durchschni­tten. Neue Planungen sehen aber nicht mehr das schwäbisch­e Meitingen im Kreis Augsburg als Endpunkt vor, sondern Landshut in Oberbayern.

Die Entscheidu­ng war auch ein Ergebnis des heftigen Widerstand­s von Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) gegen die von ihm befürchtet­en überirdisc­hen „Monstertra­ssen“. Homann verteidigt regelmäßig die Entscheidu­ng für Erdkabel, obwohl diese deutliche Mehrkosten in Milliarden­höhe bringen werden. Erdkabel ermöglicht­en teils direktere Trassenfüh­rungen und sparten so Wege. Außerdem werde es mutmaßlich deutlich weniger Proteste und damit langwierig­e Prozesse geben, argumentie­rt Homann.

„Wir sehen deutlich, dass die Akzeptanz für die Leitungen steigt, seit klar ist, dass diese als Erdkabel realisiert werden“, sagt der Netzagentu­rchef. Das rechtferti­gt aus Sicht der Behörde auch die Mehrkosten: „Ohne Erdkabel würden wir überhaupt nicht voran kommen“, heißt es aus der Netzagentu­r.

Konkret geht es vor allem um das Herzstück des Leitungsau­sbaus, die rund 700 Kilometer lange SüdlinkLei­tung von Brunsbütte­l nach Großgartac­h bei Heilbronn und Grafenrhei­nfeld in Bayern sowie die „Süd-Ost-Link“von Wolmirsted­t in Sachsen-Anhalt zum Netzpunkt Isar nordöstlic­h von Landshut. Hinzu kommt der mehr als 600 Kilometer lange sogenannte Korridor A im Westen, der Nordseestr­om von Emden über Osterath in NordrheinW­estfalen bis Philippsbu­rg in Baden-Württember­g transporti­eren soll. Rolf Schraa, dpa

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Foto:Karl Josef Hildenbran­d, dpa Stromtrass­en sollen Energie von der Küste nach Süden bringen. Unsere Grafik oben zeigt die Pläne. Ein Großteil der Trassen soll unterirdis­ch verlaufen. Eines dieser Ka bel zeigt das untere Bild.

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