Augsburger Allgemeine (Land West)

Duell der Schweigsam­en

Nominierun­g Bayerns Innenminis­ter Herrmann wird mit einem starken Ergebnis Spitzenkan­didat der CSU für die Bundestags­wahl. Es ist auch eine Kampfansag­e an Bundesinne­nminister de Maizière

- VON HENRY STERN

Schon zur Begrüßung gab es stehende Ovationen und „Bravo“-Rufe für Joachim Herrmann: Die gut 250 Delegierte­n der Aufstellun­gsversamml­ung für die Bundestags­liste der CSU feierten den bayerische­n Innenminis­ter fast schon überschwän­glich als ihren neuen Spitzenkan­didaten. Entspreche­nd klar war das Ergebnis der geheimen Wahl: Bei nur vier Gegenstimm­en wurde der Erlanger mit 98,4 Prozent der Stimmen zum CSU-Listenführ­er gewählt.

Die CSU macht auch erst gar keinen Hehl daraus, dass sie mit dieser Kür ein klares Zeichen nicht nur an die eigenen Wähler, sondern auch zur CDU und Bundeskanz­lerin Angela Merkel schicken möchte: „Die Botschaft ist klar: Wir sind ein Musterbeis­piel für die Sicherheit“, hatte Herrmann schon vor Beginn der Veranstalt­ung vor Journalist­en gesagt. „Und eine klare Linie wie in Bayern braucht es überall in Deutschlan­d.“In einer kämpferisc­hen Rede fasste er die Botschaft dann noch knapper zusammen: „Wir brauchen mehr Bayern in Berlin.“

CSU-Chef Horst Seehofer wird Herrmann aber nur als Bundesinne­nminister nach Berlin wechseln. Sollte die Union nicht die Regierung stellen oder die CSU in einer Koalitions­regierung nicht den Zuschlag für das Innenresso­rt bekommen, dann bleibe Herrmann bayerische­r Innenminis­ter.

Eine Kampfansag­e an den CDUAmtsinh­aber Thomas De Maizière sei dies aber nicht, beteuerte Seehofer: Herrmann sei „ein Angebot für etwas, nicht gegen etwas oder jemanden“. Es gibt nicht wenige, die das anders sehen. Viele CSU-Anhänger sähen gerne einen Minister für innere Sicherheit aus Bayern in Berlin. Zumal sich CDU und CSU über die Obergrenze für Flüchtling­e nach wie vor nicht einig sind.

Seehofer bleibt aber defensiv und vermeidet die Offensive. Stattdesse­n lobte er seinen Listenführ­er in den höchsten Tönen: Herrmann sei ein „bewährtes Gesicht“für die Themen, die den Wahlkampf bestimmen werden. „Man fühlt sich bei dir einfach geborgen und in Sicherheit“, sagte er. Auch der neue CSU-Spitzenkan­didat will unter den UnionsSchw­estern keine Kampfansag­e um das Amt des Bundesinne­nministers erkennen: Er pflege nach wie vor engen Kontakt zu de Maizière. „Und wir werden auch weiter gut zusammenar­beiten“, sagte Herrmann.

Er werde mit aller Macht dafür kämpfen, „dass Angela Merkel Bundeskanz­lerin bleibt“, beteuerte er. Sicherheit sei für die Menschen überall in Deutschlan­d das wichtigste Thema: „Und die CSU steht für einen starken Staat, der die Kontrolle darüber hat, wer in unser Land kommt.“Eine Situation der unkontroll­ierten Einreise wie im Herbst 2015 „wird sich nicht wiederhole­n, dafür steht die CSU“.

Auch Parteichef Seehofer strich einige Unterschie­de zur MerkelCDU heraus: „Deutschlan­d muss Deutschlan­d bleiben“, dafür stehe die CSU, bekräftigt­e er. Seine Partei werde deshalb unter anderem vor der Wahl „eine Garantie für kulturelle Identität geben“. Seehofer erneuerte zudem seine Forderung, die doppelte Staatsbürg­erschaft abzuLaut schaffen: „Wer bei uns leben will, muss sich zu den Grundwerte­n unserer Gesellscha­ft bekennen.“

Mit Blick auf den Wahlkampf warnte Seehofer seine Partei vor unrealisti­schen Verspreche­n: „Wahlkämpfe sind keine Zeit für Weihnachts­zettel“, sagte er. Die CSU lebe von dem Vertrauen der Menschen, auch durchzuset­zen, was sie verspreche. Und auch weiteren Personalsp­ekulatione­n etwa um eine HerrmannNa­chfolge in Bayern baute Seehofer vor: „Nichts verachtet die Bevölkerun­g mehr, als die Verteilung von Posten bevor die Bevölkerun­g gesprochen hat“, mahnte er.

Der Listenvors­chlag des CSUParteiv­orstandes wurde von der Versammlun­g unveränder­t angenommen – mit den Schwaben Gerd Müller auf Platz fünf, der reinen Listenkand­idatin Katrin Albsteiger (NeuUlm) auf 29 und dem Bundestags­abgeordnet­en Hansjörg Durz (Neusäß) auf Platz 39. Die Liste sei „ein sehr akzeptable­r Vorschlag“, lobte Seehofer. Die Reihung stelle sicher, dass aus allen Teilen Bayerns CSU-Abgeordnet­e in den Bundestag einziehen könnten, aber auch etwa Frauen ausreichen­d vertreten sind.

Der erste Schwabe steht auf Platz fünf

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Archivfoto: Tobias Hase, dpa Wenn es nach CSU Chef Horst Seehofer ginge, dann würde Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (links) nach der Bundestags­wahl im Herbst das Amt von Bundesinne­n minister Thomas de Maiziére übernehmen. Spitzenkan­didat der CSU ist Herrmann mit 98,4...

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