Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Einhorn ist nicht zu stoppen
Gesellschaft Das Fabelwesen ist der Renner und taucht auf immer mehr Produkten auf. Ein Forscher weiß, warum. Und sagt, wer oder was demnächst im Trend liegen könnte
Augsburg
Auf einmal war es überall. Wie aus dem Nichts ist das Einhorn in die Markenwelt galoppiert. Das Fabelwesen ziert Pullover, Jutebeutel, Kissen, Smoothies und Joghurts. Dank dem Einhorn ist auch Toilettenpapier nicht einfach mehr nur Toilettenpapier: Denn EinhornToilettenpapier riecht nach Zuckerwatte und ist mit Regenbögen und Wölkchen bedruckt.
Ebenfalls neu auf dem Markt: die „Einhorn“-Bratwurst. Auch so ein Traum in Rosa, den die Puttkammer Fleischenwaren Spezialitäten GmbH aus Mecklenburg-Vorpommern kürzlich auf ihrer FacebookSeite präsentierte. Zu- mit einer ebenfalls rosa „Ladies Bratwurst“und einer „Kerle Bratwurst“. Die EinhornBratwurst aber stellt die anderen Produkte völlig in den Schatten. Bundesweit wird bereits über sie berichtet und im Internet kräftig diskutiert. Die Kommentare reichen von „Geht’s eigentlich noch geschmackloser?“bis zu „Top“. Ein Facebook-Nutzer schreibt: „Mir gehen persönlich die Einhörner ... langsam auf den Senkel, es wurde Zeit, dass die endlich mal in die Wurst kommen.“Der Einhorn-Trend ist ein erstaunliches Phänomen. Seit Jahren hält er schon an und wird immer wieder befeuert. Etwa mit dem Kinderfilm „Prinzessin Lillifee und das kleine Einhorn“von 2011. Ein Ende des Trends ist schwer absehbar. Dabei müsste er längst vorbei sein. Schließlich ist ein Trend genau dann „out“, wenn er seinen Höhepunkt erreicht hat. Dies schien im vergangenen Dezember gewesen zu sein.
Das Fabelwesen war damals omnipräsent, da brachte „Ritter Sport“eine limitierte Einhorn-Edition auf den Markt. In zehn Minuten waren die 150 000 Tafeln vergriffen. Im Internet wurden sie danach teils für absurde Preise gehandelt. Hundert Euro für eine Schokolade? Das schafft wohl nur das Einhorn.
Trendforscher Peter Wippermann aus Hamburg weiß, was hinter dem Phänomen steckt. „Das Einhorn ist ein Symbol für Freiheit, Ungezähmtheit und Selbstverwirklichung.“Die magischen Tiere würsammen den dazu verleiten, sich in eine Welt fernab von Realität und Sorgen hineinzuträumen. „Die Kunden haben mit der Einhorn-Schokolade das Gefühl, sie könnten Hoffnung essen“, sagt der Experte.
Begonnen habe alles, so Wippermann, in den Kinderzimmern. Der Trend habe also erst die Kleinsten erfasst. Dabei reiche er viel weiter zurück. Seit dem Mittelalter stehe das Fabelwesen als Symbol für alles Gute. Gesehen wurde es angeblich von Marco Polo auf Sumatra, und Hildegard von Bingen sprach ihm heilende Kräfte zu.
Beweise, dass Einhörner je existiert haben, gibt es nicht. Bleibt die Frage, wann der Trend abebben wird. „Vielleicht Ende des Jahres“, meint Wippermann. „Je mehr Produkte es gibt, umso schneller erreicht man auch die Sättigung.“Und was kommt nach dem Einhorn? „Die Meerjungfrau hat das Zeug dazu, das Einhorn abzulösen“, sagt der Trendforscher.
„Das Einhorn ist ein Symbol für Freiheit, Ungezähmtheit und Selbstverwirklichung.“Trendforscher Peter Wippermann