Augsburger Allgemeine (Land West)

Schlitzohr auf der Trainerban­k

Russlands Znarok spielte in Landsberg

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Köln

Oleg Znarok ist ein Schlitzohr. Das verrät eine Geschichte über den Trainer der russischen Nationalma­nnschaft, die nichts mit Eishockey zu tun hat. Seine Freizeit als Stürmer beim Zweitligis­ten EV Landsberg (1992–95) nutzte der Profi höchst sinnvoll. Während seine Teamkolleg­en in der Sauna abhingen, kaufte Znarok alte Autos auf und steuerte sie am trainingsf­reien Montag nach Rotterdam. Die Ware wurde nach Lettland verschifft, um den Rest kümmerte sich sein Vater.

So besserte der Angreifer, der später für die Zweitligis­ten Freiburg und Heilbronn auf Torejagd ging, sein nicht allzu üppiges ZweitligaG­ehalt auf. Mindestens so schlau wie abseits agierte der Profi auch auf dem Eis. Zuerst stürmte Znarok in der lettischen Nationalma­nnschaft, später trainierte er Dinamo Riga und 2013 übernahm der 54-Jährige die Sbornaja, das russische Nationalte­am. Bei der WM 2014 sorgte er mit einer Kopf-ab-Geste in Richtung schwedisch­er Bank für einen Eklat. Vielmehr als Chefcoach des Rekord-Weltmeiste­rs geht im Eishockey nicht. Nicht nur Staatspräs­ident Wladimir Putin, der ab und an mit Altstars die Schlittsch­uhe schnürt, fordert Siege. Gestern schoss der Weltrangli­sten-Zweite die Italiener im Schongang mit 10:1 aus der Halle. Nicht weniger als WM-Gold erwartet die Nation von Znarok, der die deutsche Staatsbürg­erschaft besitzt. Zuletzt bei der Heim-WM in Moskau belegten die Gastgeber nur Platz drei. Das Match heute gegen Deutschlan­d (16.15 Uhr) könnte für die russische Mannschaft ein Heimspiel werden, denn tausende Fans im Rossija-Trikot unterstütz­en ihre Eishockey-Helden in Köln. Anders als gegen müde Italiener erwartet Znarok, dass die deutsche Mannschaft „körperlich hart spielt“.

In der Domstadt genießt der WM-Favorit einen Sonderstat­us. Während sich alle anderen WMTeilnehm­er im Hotel Maritim beim Frühstück über den Weg laufen, mieteten die Russen eine eigene feudale Bleibe mit Rheinblick.

Im Kader lässt der Trainer einen Platz für Alexander – den Großen – Owetschkin frei. Noch steckt der Starstürme­r mit Washington in den NHL-Play-offs fest. Sobald Owetschkin ausscheide­t, fliegt er nach Köln. Da muss Znarok sein überragend­es Organisati­onstalent nicht bemühen. Milan Sako

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Oleg Znarok

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