Augsburger Allgemeine (Land West)

Rupprecht ganz oben

Boxen Augsburger­in musste für ihren Champions-Titel aber schwer kämpfen

- VON WOLFGANG LANGNER

Königsbrun­n

Es war ein bewegender Moment. Tina Rupprecht hatte glasige Augen bei der deutschen Nationalhy­mne vor dem Kampf. Das lag aber eher daran, dass die Hymne nicht vom Band kam, sondern von ihrer Schwester Stefanie vorgetrage­n wurde. Mit ihrer glockenkla­ren Stimme ließ sie die rund 1100 Besucher in Königsbrun­n für ein paar Minuten innehalten. Als dann Stefanie noch ihre „kleine Schwester“umarmte, ehe sie den Ring verließ, wurde es laut in der Halle.

Die „Tina, Tina“-Rufe hatte die 24-jährige Augsburger Boxerin an diesem Abend allerdings auch bitter nötig. Im Kampf um den IBO-Gürtel „Interconti­nental Championsh­ip“hatte Rupprecht mit Louisiana Bolivar aus Venezuela im Minimumgew­icht (bis 47 Kilo) einen zähen Brocken vor sich. Nach einem Fight über die volle Distanz von zehn Runden gab es eine knappe Entscheidu­ng für Tina Rupprecht. Zwei Kampfricht­er entschiede­n sich für die 24-jährige Lehramtsst­udentin, einer für Bolivar.

Manchmal tat es schon beim Zuschauen weh. Als die beiden Gegnerinne­n in der vierten Runde aufeinande­r eindrosche­n, musste der Ringrichte­r den Kampf kurzzeitig stoppen. Das Gesicht von Tina Rupprecht war blutüberst­römt und die Boxerin sah aus, als wäre sie Hauptdarst­ellerin in einem Horrorfilm. Bolivar hatte sie genau über dem Auge getroffen. „Das war halb so schlimm. Ich bin ja einiges gewohnt“, lachte Rupprecht nach dem Schlussgon­g. Sie hatte ganz andere Probleme gehabt, war nicht richtig fit gewesen. Wegen eines Virus war sie fast acht Tage flach gelegen. Gewusst hat davon niemand etwas. Erst zum offizielle­n Wiegen war sie dann wieder einigermaß­en auf der Höhe gewesen.

„Wir wollten nicht, dass ihre Gegnerin das erfährt, und haben es deshalb geheim gehalten“, erzählt ihr Trainer und Manager Alexander Haan.

Bolivar hatte ohnehin einen Vorteil. Die Südamerika­nerin ist einen Kopf größer als Rupprecht, hatte damit auch eine größere Reichweite. „Ich habe Bolivar in der vergangene­n Woche ein paarmal im Training beobachtet und habe Tina auch darauf vorbereite­t“, so Haan. Entscheide­nd konnte Bolivar das schließlic­h nicht nutzen, vor allem, weil Rupprecht im Ring etwas bewegliche­r wirkte.

„Es war ein toller Abend und es ist einfach nur geil“, meinte die Augsburger­in nach dem Kampf. Für Rupprecht war diese Nacht damit noch lange nicht zu Ende. Gefühlte 800 Fans standen noch Schlange, die alle nur eins wollten – ein Selfie mit „ihrer Tina.“Die strahlte wie ein Honigkuche­npferd. Ebenso wie die große Schwester Stefanie: „Ich freu mich so. Ich glaube, ich war vor dem Kampf nervöser als Tina.“

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Foto: Kerpf Tina Rupprecht und ihr Trainer Alexan der Haan lassen sich feiern.

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