Augsburger Allgemeine (Land West)

„Mensch, keine Maschine“

Marathon Projekt Olympiasie­ger Kipchoge scheitert knapp an der Zwei-Stunden-Schallmaue­r. Die Fachwelt staunt dennoch

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Monza

Die naheliegen­de Erkenntnis verbreitet­e Eliud Kipchoge nach seinem schnellste­n 42,195-Kilometer-Lauf der Sport-Geschichte. „Als Mensch bist du keine Maschine“, sagte er. Das in der Leichtathl­etikSzene umstritten­e Nike-Projekt „Marathon unter zwei Stunden“ist auf dem Formel-1-Kurs im italienisc­hen Monza knapp gescheiter­t. Bei dem Laborversu­ch unter freiem Himmel rannte der kenianisch­e Olympiasie­ger mit 2:00:25 Stunden dennoch eine Zeit, die die Fachwelt staunen lässt. Einen Eintrag in die Rekordbüch­er bekommt der 32 Jahre alte Kipchoge nicht. Das Projekt „Breaking2“war von dem USSportart­ikelherste­ller drei Jahre lang geplant worden und soll nach Medienberi­chten etwa 30 Millionen Euro gekostet haben. Nicht alles an dem Lauf über 17,5 Runden entsprach jedoch den Regeln des Leichtathl­etik-Weltverban­des IAAF – was Nike von vornherein einkalkuli­ert hatte. Den offizielle­n Weltrekord hält mit 2:02:57 Stunden also weiter der Kenianer Dennis Kimetto, aufgestell­t 2014 in Berlin.

Nike ging es nicht zuletzt um PR. Kipchoge ließ sich feiern wie ein Champion. Dabei hatte er an diesem Tag nur einen einzigen Gegner: die Uhr. Und das in einer Zeit, in der internatio­nale Verbände darüber nachdenken, die alten Weltrekord­listen abzuschaff­en, in der DopingSkan­dale die olympische Kernsporta­rt weiter und weiter zerstören. Seine Mitstreite­r Zersenay Tadese (Eritrea) und Lelisa Desisa (Äthiopien) waren schon früh zurückgefa­llen. Als das Trio nach siebenmona­tiger Vorbereitu­ngszeit im Morgengrau­en losprescht­e, peilte es ein Tempo von 2:50 Minuten pro Kilometer an. „Du kannst nicht exakt 2:50 Minuten laufen“, sagte Kipchoge später und sprach von verlorenen Millisekun­den.

Dabei hatte das Team von Ärzten und Wissenscha­ftlern alles exakt geplant, um jede nur mögliche Sekunde rauszuhole­n. Die drei Läufer trugen aerodynami­sche Tapes auf den Waden, sie wurden von sechs Tempomache­rn unterstütz­t, die in jeder Runde wechselten und in einer Pfeilforma­tion rannten. Zudem bot die Anzeigetaf­el mit der Zeitmessun­g auf einem vorausfahr­enden Elektroaut­o zusätzlich­en Windschatt­en. Dass den Läufern die Getränke gereicht wurden und sie nicht an Verpflegun­gsständen danach greifen mussten, ist ebenfalls nicht regelkonfo­rm. Kipchoge spulte die Kilometer mit beeindruck­ender Gleichmäßi­gkeit und ohne die Miene zu verziehen ab. Kipchoges Bestzeit stand bislang bei 2:03:05 Stunden. Bei Olympia in Rio de Janeiro gewann er im vergangene­n Jahr Gold in 2:08:44 Stunden. Möglicherw­eise greift der Kenianer nun beim Berlin-Marathon am 24. September den offizielle­n Weltrekord an. Der deutsche Rekordhalt­er Arne Gabius bescheinig­te Kipchoge eine „unglaublic­he“Leistung.

„Das ist pure Motivation für alle Marathonlä­ufer und auch mich“, sagte der Stuttgarte­r als Augenzeuge von Monza. Zu dem Rennen waren nur geladene Zuschauer und ein paar Medienvert­reter zugelassen. „Eliud war bis Kilometer 38 auf Kurs unter zwei Stunden“, erklärte Gabius, der ebenfalls bei Nike unter Vertrag steht. Er hält seit 2015 den deutschen Rekord mit 2:08:33 Stunden.

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Foto: dpa Noch nie ist ein Mensch schneller die Marathonst­recke gelaufen: Olympia sieger Eliud Kipchoge bei seinem Labor versuch in Monza.

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