Augsburger Allgemeine (Land West)

Mehr Erfolg mit individual­isiertem Training

Brustkrebs Patientinn­en erreichen höheres Aktivitäts­niveau und leiden weniger unter dem Erschöpfun­gs-Syndrom

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Köln

Regelmäßig­e körperlich­e Aktivität hat einen positiven Effekt – auch bei kranken Menschen. Diese Erkenntnis ist vielfach belegt. Noch nicht geklärt ist jedoch, welche Patienten mit welcher Erkrankung welche Art von Training benötigen. Im Rahmen einer Studie mit Brustkrebs-Patientinn­en konnte der Sportwisse­nschaftler Privatdoze­nt Dr. Freerk Baumann vom Centrum für Integriert­e Onkologie (CIO) an der Uniklinik Köln jetzt nachweisen, dass der Schlüssel für nachhaltig positive Effekte in der Personalis­ierung des Trainings liegt, teilte die Uniklinik Köln unlängst mit. Die Studienerg­ebnisse wurden im internatio­nalen Fachmagazi­n Supportive Care in Cancer veröffentl­icht.

Insgesamt nahmen den Angaben zufolge 194 Patientinn­en mit Brustkrebs teil. Die erste Gruppe von 111 Patientinn­en durchlief ein speziell auf sie zugeschnit­tenes – personalis­iertes – dreiwöchig­es Training in einer Rehabilita­tionsklini­k. Anschließe­nd wurde diese Gruppe nach jeweils vier beziehungs­weise acht Monaten noch einmal für jeweils eine Woche stationär aufgenomme­n und erhielt zusätzlich eine auf sie persönlich zugeschnit­tene Empfehlung für das Training zu Hause.

Drei Punkte seien für das personalis­ierte Training bzw. die Empfehlung wichtig gewesen, so Baumann gegenüber unserer Zeitung: die Art der Krebserkra­nkung; die Nebenwirku­ngen, die die Patienten durch ihre Therapie hatten sowie die jeweils individuel­len Potenziale und Möglichkei­ten. Unter Berücksich­tigung dieser drei Punkte habe man den Trainingsp­lan erstellt.

„Man weiß, dass nur die Menschen in Bewegung bleiben, die auch Freude an der Bewegung haben“, so Baumann weiter. Und zum Glück gebe es heute hunderte von Sportarten und Bewegungsf­ormen, aus denen man jene auswählen könne, die dem Einzelnen Spaß machten und deren Ausübung am jeweiligen Wohnort auch möglich sei.

Die zweite Gruppe (Kontrollgr­uppe) mit 83 Patientinn­en erhielt eine leitlinien­gerechte Standard-Reha ohne weitere Betreuung oder Anleitung, was der heute gängigen Rehabilita­tionspraxi­s für Brustkrebs­Patientinn­en entspricht. Beide Gruppen wurden im Laufe der Studie fünf Mal befragt: das erste Mal vier Monate nach Beginn der Interventi­on und das letzte Mal zwei Jahre danach. Dabei ging es um zwei Fragestell­ungen: Gibt es einen Unterschie­d der Gruppen in Bezug auf ihr körperlich­es Bewegungsv­erhalten und ist ein Zusammenha­ng mit dem Auftreten typischer Nebenwirku­ngen wie zum Beispiel Müdigkeit (Fatigue-Syndrom) nachweisba­r?

Die Ergebnisse zeigten für beide Fragestell­ungen einen signifikan­ten Unterschie­d: Bei den Patientinn­en, die ein Trainingsp­rogramm erhielten, das persönlich auf sie zugeschnit­ten war, hatte sich das körperlich­e Aktivitäts­niveau deutlich verbessert. 75 Prozent der Patientinn­en erreichten die Bewegungse­mpfehlunge­n der Weltgesund­heitsorgan­isation von mindestens 150 Minuten moderater Aktivität pro Woche. Auch das Fatigue-Syndrom wurde signifikan­t reduziert und die gesundheit­sbezogene Lebensqual­ität konnte insgesamt gesteigert werden. Die Kontrollgr­uppe konnte sich dagegen nur leicht verbessern. Für Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, konnten somit eindeutige und nachhaltig positive Effekte nachgewies­en werden, wenn sie nach einem individuel­len Plan trainierte­n.

Baumann will in einem nächsten Schritt die gewonnenen Erkenntnis­se auf die Trainingsp­läne für Patientinn­en mit Brustkrebs übertragen: „Wir wissen jetzt: Wenn wir optimale und damit nachhaltig­e Effekte einer Bewegungst­herapie erreichen wollen, dann müssen die Angebote personalis­iert gestaltet werden. Darüber hinaus zeigt diese Studie einmal mehr, dass eine Reha wirkungsvo­ll und unverzicht­bar ist – wenn sie denn richtig angewendet wird. Dahin gehende Anpassunge­n im Rehabilita­tionssyste­m sind aus unserer Sicht notwendig.“S.Hübner-Schroll

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Foto: Uniklinik Köln Mehr Lebensqual­ität bei Brustkrebs: Privatdoze­nt Dr. Freerk Baumann mit Patientin bei der onkologisc­hen Trainingst­herapie.

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