Augsburger Allgemeine (Land West)
Gute Vibrationen
Benefizkonzert für die Steinmeyer-Orgel
Der Hall der evangelischen HeiligKreuz-Kirche war wieder mal erfüllt von den Klängen Bach’scher Musik – doch diesmal mischte sich ein neuer Ton in das musikalische Geschehen. Im 30. Benefizkonzert zugunsten der Renovierung der Steinmeyer-Orgel gab es bekannte Werke in leichter bis drastischer instrumentaler Veränderung zu hören: Saxofon und Vibrafon waren solistisch wesentlich beteiligt. Das begeisterte Publikum konnte aber hören, dass kein Sakrileg stattfand.
Im Oboenkonzert F-Dur BWV 1053 sorgte der international anerkannte Augsburger Saxofonist und Komponist Christian Elin für ebenso neue, gleichwohl irgendwie doch vertraute Töne. Das Sopransaxofon schien sogar einen historisch barocken Klang von feinherben Bachtrompeten überhaupt nicht unähnlich. Das geschmeidig und kraftvoll phrasierende Spiel Elins war in der Modellierung des Geflechts stimmig in den reduzierten Klangkörper der Streicher – zwei Violinen, je einmal Bratsche, Cello, Kontrabass – eingebaut.
Cellist Jakob Janeschitz-Kriegl spielte, am Cembalo sensibel silbern von Peter Bader begleitet, die Gambensonate g-Moll BWV 1029. Das war jetzt nicht so ungewöhnlich, zumal sein Instrument sozusagen in das Renaissance-Kleid der Gambe schlüpfte: Ohne romantische CelloKlangbögen, sondern in leicht getuschten, schnell verhauchenden Tönen ohne Vibrato-Dominanz glitzerte das Meisterwerk still vor sich hin, vielleicht in Momenten ein wenig trocken.
Dann wurde es wirklich exotisch. Wieder spielte das Cello eine Rolle, doch nur in Abwesenheit. Die SoloSuite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 machte Severin Stitzenberger, erster Schlagzeuger der Augsburger Philharmoniker, in eigener Bearbeitung zu einem Klangabenteuer. Die lebhaft bewegten, in den Hall duftig schwingenden Töne des Vibrafons, das man ja eher als Jazz-Instrument gewohnt ist, erzeugten neue musikalische Zusammenhänge – in einer sanft wogenden Klangflut, aus der immer wieder die bekannten Tanzsätze emporgehoben schienen. Das hatte teilweise aufregend modernen Charakter. Zum Schluss übernahm das Vibrafon gleich zweimal die Führung. Domonkos Héja gesellte sich zu Severin Stitzenberger und dem wieder fein artikulierenden kleinen Streicherensemble. Augsburgs Generalmusikdirektor ließ sein Können als gelernter Schlagzeuger im Doppelkonzert für zwei Violinen d-Moll BWV 1043 beeindruckend aufleuchten. Die beiden Philharmoniker-Kollegen spielten sich das Geflecht mit virtuoser Freude zu. Bach in Héjas Bearbeitung, ein Erlebnis von „good vibrations“, wurde neu beleuchtet, der weite Nachhall brachte anregende Aspekte und Farbmischungen hervor, und war in der präzis pulsierenden Motorik trotzdem „Bach-gemäß“. Das Publikum erjubelte sich die Zugabe des letzten Satzes.