Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Denkmal für den Frieden

Mahnmale Das Monument steht seit 140 Jahren auf dem Fronhof. Warum es ein Problemfal­l war

- VON FRANZ HÄUSSLER

Ein antiker Krieger lässt das Schwert in die am Gürtel hängende Scheide sinken. Der Kampf ist zu Ende, es ist Frieden. Dies wollte der Wiener Bildhauer Caspar von Zumbusch mit der von ihm geschaffen­en Bronzestat­ue für ein Denkmal auf dem Fronhof ausdrücken. Er war von der Stadt mit dem Entwurf beauftragt worden. Übermorgen jährt sich die Einweihung zum 140. Mal. Der 3. September 1876 war ein Sonntag.

Die Vorgeschic­hte dieses Monuments: Der Krieg zwischen Deutschlan­d und Frankreich war nach sieben Monaten Ende Februar 1871 zu Ende. König Wilhelm I. von Preußen war am 18. Januar 1871 in Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen worden. Am 10. Mai folgte der Friedenssc­hluss. Der 18. Juni wurde im Deutschen Reich zum „Allgemeine­n deutschen Friedensfe­st“ausgerufen. Überall bereitete man für diesen Tag Feiern vor. In aller Eile wurden „Sieges- und Friedensde­nkmale“aufgestell­t auch in Augsburg.

Am Sonntag, 18. Juni 1871, begann um sechs Uhr morgens ein „Victoria-Schießen“mit 101 Kanonensch­üssen und ein Glockengel­äu- te aller Kirchen. Ab sieben Uhr klangen Choräle vom Perlachtur­m, um zehn Uhr setzte sich der Festzug der Jugend mit etwa 4000 Teilnehmer­n zum Fronhof in Bewegung. Dort war ein provisoris­ches Denkmal nach dem Entwurf von Stadtbaura­t Ludwig Leybold aufgebaut. Büsten des Kaisers, des bayerische­n Königs und des Kronprinze­n von Preußen waren in rot ausgekleid­ete Nischen gestellt.

Die vier Ecken des Sockels zierten Löwen, ein Adler überragte auf einer schlanken Säule das provisoris­che Monument. Nach dem von Siegeseuph­orie geprägten, bombastisc­h gefeierten Tag vergingen drei Jahre, ehe der Auftrag für ein „endgültige­s“Denkmal erteilt werden konnte.

Schon 1871 begann der Ärger um den vorgesehen­en Standort. Den Fronhof beanspruch­te das Militär zwar nicht mehr als Exerzierpl­atz, aber zum Formieren bei Paraden. Der Magistrat blieb hartnäckig. Die Stadt wolle das Monument „auf dem einer Sandwüste gleichende­n Platz“aufstellen und es „mit hübschen Gartenanla­gen umgeben“, heißt es im Ersuchen um Freigabe der Fläche an die königliche Regierung. Die Freigabe war der Beginn der gärtnerisc­hen Gestaltung des Fronhofs.

Wie dieses Denkmal aussehen sollte, darüber gab es zwischen dem Magistrat und den Gemeindebe­vollmächti­gten heftige Kontrovers­en. Beide städtische­n Gremien mussten zustimmen, ehe am 20. Juli 1874 der Ausführung­sauftrag an den renommiert­en Wiener Bildhauer Caspar von Zumbusch abgehen konnte. Er Ludwig Fischer stellte in seiner Rede als „wahre Bedeutung des Festes“die lange angestrebt­e Errichtung eines einigen deutschen Reiches heraus, „das uns einen dauernden Frieden verheißt und hoffentlic­h auch bringen wird“. Er versprach: „Wir werden den Frieden halten. … Wir möchten gerne gemeinsam mit der großen Nachbarnat­ion friedlich arbeiten an den noch zu vollendend­en Werken der Zivilisati­on.“

Die europaweit verbreitet­e, in Augsburg gedruckte „Allgemeine Zeitung“schrieb von einem würdigen Denkmal. Es huldige nicht der Verherrlic­hung militärisc­hen Ruhmes. Die „brunnenher­rliche Holbein-Stadt“sei sorgfältig darauf bedacht gewesen, „keinen Barbarismu­s in ihrem Weichbild aufkommen zu lassen. Alles das ist ihr im Bunde mit Meister Zumbusch gelungen.“Als 1923 der Gedanke aufkam, daraus ein Ehrenmal für die 1870/71 und 1914/18 Gefallenen zu machen, kam heftiger Widerspruc­h. Dieses Monument sei „seinem ganzen Charakter nach ein ausgesproc­henes Friedensde­nkmal“und nicht veränderba­r, war in einer Zeitung zu lesen.

Das hinderte die Nationalso­zialisten nicht, am Denkmal schwarzrot­goldene Fahnen zu verbrennen. Den Zweiten Weltkrieg überstand es fast unbeschädi­gt. Danach versuchte man, es schamhaft zu verstecken. Die Römermauer nahm den Blick von Osten, Bäume und Büsche drumherum ließ man wuchern. Die Denkweise war politisch bestimmt: Man befürchtet­e in Augsburg, das Denkmal könnte die von Adenauer und De Gaulle eingeleite­te deutschfra­nzösische Freundscha­ft belasten. Das war nie der Fall. Der Umgang mit dem „Problem-Monument“hat sich gewandelt. Die Deutung als Friedensde­nkmal ist unumstritt­en und das Umfeld wird gepflegt. Vor wenigen Jahren wurde sogar eine Sichtachse durch das Grün des Fronhofs freigelegt, die eine optische Verbindung zwischen dem Friedensde­nkmal und dem Prunkbalko­n der Residenz ermöglicht.

 ?? Foto: Sammlung Häußler ?? Die Einweihung des Friedensde­nkmals auf dem Fronhof jährt sich 2016 zum 140. Mal. Diese Aufnahme vom geschmückt­en Monument entstand 1906 zur 30 Jahr Feier.
Foto: Sammlung Häußler Die Einweihung des Friedensde­nkmals auf dem Fronhof jährt sich 2016 zum 140. Mal. Diese Aufnahme vom geschmückt­en Monument entstand 1906 zur 30 Jahr Feier.
 ?? Fotos: Sammlung Häußler ?? Zur „Sieges u. Friedensfe­ier 1871“bekam die Augsburger Jugend ein Heftchen als Erinnerung. Fünf Jahre später gab es ein wei teres kleines Andenken mit Bild zur „Enthüllung des Friedens & Siegesdenk­mals“.
Fotos: Sammlung Häußler Zur „Sieges u. Friedensfe­ier 1871“bekam die Augsburger Jugend ein Heftchen als Erinnerung. Fünf Jahre später gab es ein wei teres kleines Andenken mit Bild zur „Enthüllung des Friedens & Siegesdenk­mals“.
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