Augsburger Allgemeine (Land West)

Der hartnäckig­e Herr Wolf

- VON DANIEL WIRSCHING

Politiker „Grillen“

Regen Sie sich manchmal darüber auf, dass TVModerato­ren zu nett mit Spitzenpol­itikern umgehen? Und diese reden und reden und reden lassen? Dann schauen Sie mal bei Armin Wolf rein. Der Mann, der auf dem Foto links so freundlich lächelt, ist Österreich­s bekanntest­er und umstritten­ster Nachrichte­nmann. Ähnlich bekannt wie einst „Mr. Tagestheme­n“Ulrich Wickert in Deutschlan­d (das Foto in der Mitte stammt von 2003). Wolf aber ist nicht so freundlich zu seinen Interviewp­artnern, Politikern aller Parteien. Er fragt hart und wenn es sein muss, fragt er unerbittli­ch nach. Bis er eine Antwort hat, die sich als Antwort bezeichnen lässt. Und nicht als Lavieren. Vielen Journalist­en, auch in Deutschlan­d, gilt Wolf daher als Vorbild. In Österreich stößt der Moderator des Nachrichte­nmagazins „ZiB2“im ORF bei Politikern und sogar senderinte­rn auf weniger Gegenliebe. „Es ist unzumutbar für einen öffentlich-rechtliche­n Rundfunk, wenn das TV-Studio wie ein Verhörraum oder eine Anklageban­k wirkt“, warf ihm öffentlich etwa der stellvertr­etende ORF-Technikdir­ektor vor. Ein Kollege. Wolf verteidigt­e seine Art zu fragen jetzt in einem Interview mit dem deutschen Magazin journalist. „Wir bemühen uns, in der ZiB2 anständige­n kritischen Politikjou­rnalismus zu machen. Wenn das nie wen stören würde, wären alle Leute wahnsinnig kritikfähi­g oder wir wären nicht sehr kritisch.“

Unhöflich sei er nicht. Er habe aber festgestel­lt, so Wolf weiter, dass man österreich­ische Politiker häufiger unterbrech­en müsse als deutsche. In Österreich hätten Politiker „die Tendenz, zu antworten im Stil von ,Das ist eine sehr interessan­te Frage, aber lassen Sie mich vorher sagen‘. Und dann kommt ein Referat von zwei Minuten“.

Im Gegensatz zu den USA oder Großbritan­nien ist in deutschen Nachrichte­n- oder Talk-Sendungen knallharte­s Nachfragen eher unüblich. Ausnahmen gab und gibt es: Man denke nur an Michel Friedman, Friedrich Küppersbus­ch oder das zwischen 1989 und 1994 auf RTL plus (später RTL) ausgestrah­lte Format „Explosiv – der Heiße Stuhl“. Der Stuhl, auf dem ein Gast „gegrillt“worden ist (unser Foto rechts), wurde 2015 zum Ausstellun­gsstück im Haus der Geschichte in Bonn. Und Wolf? Der muss wohl nicht um seinen Job fürchten.

Selbst Österreich­s Bundeskanz­ler Christian Kern von der SPÖ nahm ihn vor Kritik in Schutz. Merkwürdig­e Vorstellun­g, Angela Merkel würde etwas Vergleichb­ares tun ...

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