Augsburger Allgemeine (Land West)
Sechs Tipps zum guten Einkauf
Expertin Ulrike Birmoser informiert
Zwar macht sich das Ehepaar Kaiser viele Gedanken darüber, wie man es im Alltag fertigbringt, gesund und nachhaltig zu leben. Aber praktisch muss es auch sein. In einer fünfköpfigen Familie ist die Zeit immer knapp. „Bis zum eigenen Gemüsegarten haben wir es nicht gebracht, der Aufwand ist uns viel zu groß“, sagt Merle Kaiser, die beruflich Psychotherapeutin ist. Die Lebensmittel für ihre Familie kauft sie im Bio-Supermarkt. Allerdings muss sie auch dort in vielen Fällen überlegen, was für die Kinder Ole, Jakob und Nora an gesund erzeugten Lebensmitteln akzeptabel ist und schmeckt. Wenn Ole und Nora gerne Bio-Obst essen, bekommen sie es auch im Winter, wenn es eingeflogen werden muss. „Die Alternative wäre, heimisches Sauerkraut zu kaufen, aber soweit geht die Liebe nicht“, sagt sie.
Dass ihre Kinder am Mittagstisch streiken, will Merle Kaiser auf keinen Fall. Zusammen mit ihrem Mann Hannes kann sie sich noch gut erinnern, was sie selbst als Jugendliche gerne mochten: Das waren Pommes oder Ravioli aus der Dose. Dabei kommen die beiden aus Familien, in denen auf gesunde Ernährung Wert gelegt wurde. „Wir haben schon vor 30 Jahren im Bioladen eingekauft“, sagt Hannes Kaiser, der Lehrer ist. Seine Frau Merle hat sich als Teenager dafür entschieden, vegetarisch zu leben. „Der Auslöser war eine Dokumentation über Tiertransporte im Fernsehen.“Nicht weit weg von der Schule war ein Schlachthof. „Auch da bekamen wir einiges vom Betrieb mit.“
Dass sich viele Menschen in Deutschland gesunde Lebensmittel finanziell nicht leisten können, finden die Kaisers schade. Sie sind aber auch davon überzeugt, dass viele andere Verbraucher gezielt möglichst wenig Geld für Lebensmittel ausgeben. „Da steht ein dickes Auto vor der Tür, aber dann kauft man im Discounter ein“, kritisiert Vater Hannes.
Er schätzt, dass seine Familie rund 15 bis 20 Prozent des Monatsbudgets für Ernährung ausgibt. Für Merle Kaiser ist es gut investiertes Geld. Die Grundnahrungsmittel seien auch im Bio-Supermarkt bezahlbar, „teuer ist der Schnickschnack drumherum, aber dann kauft man halt weniger.“Für die Anschaffung eines neuen Autos habe das Familienbudget trotzdem noch gereicht. Das sei dann halt ein gebrauchter Bus. „Gefühlt verzichten wir auf nichts“, sagen die Kaisers. Andererseits lässt sich mit einer gesunden Ernährung auch viel Geld sparen.
Fertigessen zu kaufen, scheidet für Merle Kaiser nicht nur aus Kostengründen aus. Mit preiswerten Biozutaten selbst zu kochen, sei zeitlich nicht so aufwendig, wie man denkt. „Wir brauchen täglich etwa eine dreiviertel Stunde, um eine einfache Mahlzeit auf den Tisch zu bringen“, sagt sie. Beim Kochen wechselt sich das Ehepaar ab. Neben Nudeln mit Tomatensoße, Risotto mit Gemüse, Knödeln oder Kaiserschmarrn gibt es auch mal Pizza – aber selbst gemacht. „Wenn man weiß, wie es geht, geht es relativ schnell“, sagt Hannes Kaiser. Deshalb hat sich die Familie ein eigenes Rezeptbuch als Lose-Blatt-Sammlung angelegt. Auch Biobrot wird inzwischen selbst gebacken.
Doch auch wenn die Kaisers sich sehr intensiv mit ihrer Lebensweise auseinandersetzen: Umweltprobleme sind oft komplex. Auf manche Fragen kennen auch sie noch keine Antwort. „Bei vielen Einkäufen weiß man nicht: Was ist der bessere ökologische Fußabdruck und was ist noch pragmatisch“, sagen sie. „Man muss für sich selbst einen Mittelweg finden.“Das probieren die Kaisers gerade in einem begleiteten Selbstversuch der Augsburger Umweltstation aus. Wichtig ist den Kaisers aber vor allem, den eigenen Kindern von zuhause Grundsätze mitzugeben, wie man gesund und umweltbewusst leben kann.
Dazu gehört für die Eltern aber auch, dass man nicht immer nur korrekt sein muss und ab und zu beim Essen sündigen darf. Merle Kaiser verrät, dass sie besonders bei Schokolade schwach wird. Und ihr Mann? Eine Schweinshaxe im Biergarten mag er gern, auch wenn er nicht gefragt hat, wo sie her ist. Ökobilanzen sind schwer zu erstellen und nicht alle Fragen zum richtigen Einkauf mit ja oder nein zu beantworten. Ulrike Birmoser und Maria Leidemann vom Verbraucherservice Bayern haben einige Tipps zusammengestellt.
Plastiktüte oder Papiertüte?
Entscheidend ist bei einer Tüte die Langlebigkeit, das heißt, wie häufig sie verwendet werden kann. Papiertüten schneiden schlecht ab, da sie trotz hohem Materialeinsatz nach ein- bis zweimaliger Verwendung kaputt gehen. Bringen Sie beim Einkauf eine Tüte von zu Hause mit! Egal welche.
Mit Auto zum Biosupermarkt oder zu Fuß in den normalen Markt?
Das Auto produziert vor allem auf kurzen Strecken viel CO2, abhängig von Entfernung und Spritverbrauch. Biolebensmittel sparen im Vergleich zu konventionell erzeugten Lebensmitteln nicht so viel CO2 ein, wie das Auto verbraucht. Gehen Sie zu Fuß oder fahren mit dem Rad in den normalen Markt und bevorzugen Sie dort regionale, saisonale Biolebensmittel. Oder bündeln Sie ihre Einkaufsfahrten, wenn Sie zum Direktvermarkter oder Bioladen fahren.
Bio oder regional, was ist besser?
Die wissenschaftlichen Gutachten sind hier nicht eindeutig. Für Biolebensmittel sprechen vor allem intakte Böden, Biodiversität, Gewässerschutz. Für regionale Lebensmittel sprechen der Erhalt der heimischen Landwirtschaft, der oft günstigere Preis und die Versorgungssicherheit. Bio aus entfernten Regionen hat keinen Vorteil. Verzichten Sie auf „Flugware“. Auch wenn nur 0,2 Prozent aller importierten Lebensmittel eingeflogen werden, verursachen sie zehn Prozent der durch Transportleistung verursachten CO2-Emissionen.
Tipp: Tipp: Welche Verpackung ist für Geträn ke zu empfehlen?
Mehrwegflaschen aus Glas haben einen deutlichen Vorteil gegenüber Einweg- oder Mehrwegflaschen aus Kunststoff, wenn sie aus der Region stammen und in Normflaschen abgefüllt sind. Individuelle Flaschen erhöhen die Transportwege erheblich, da die Flasche immer zum Ursprungsabfüller zurücktransportiert werden muss. Leitungswasser kommt ganz ohne Verpackung aus.
Tipp:
Sind frische Produkte besser oder Tiefkühlkost?
Tiefkühlprodukte sind ernährungsphysiologisch meistens sehr gut, aber auch energieaufwendig produziert. Aber sie erleichtern den Einkauf, die Vorratshaltung und sparen Zeit beim Kochen. Halten Sie den Vorrat an Tiefkühlkost so gering wie möglich.
Tipp: Tipp:
Einkauf ab Hof vom Bauern oder vom Internetversandhandel?
Wer ab Hof kauft, schätzt die Nähe zum Produzenten und bekommt eine hohe Qualität. Bei Lebensmitteln aus dem Internethandel kauft man die Ware unbesehen. Noch lässt sich nicht abschätzen, welche Auswirkungen auf den Verkehr, das Kaufverhalten, die Qualität und die Klimabilanz damit zu erwarten sind.
Vertrauen sie regionalen Händlern. O
Einen Fachvortrag von Ulrike Birmoser vom Verbraucherservice Bayern gibt es beim Aktionstag „Nachhaltig leben“der Umweltstation Augsburg am Sonntag, 28. Mai, von 10 bis 17 Uhr in der ESG Cafete, Salomon Idler Straße 14. Nach einem gemeinsamen Mittagessen können Teilnehmer die konkreten Einkaufsorte in und um Augsburg kennenlernen. Anmeldung wird erbeten unter Telefon 0821/6502236 oder unter: www.us augsburg.de.
Tipp: Aktionstag