Augsburger Allgemeine (Land West)
Massensport? Läuft!
Sport Beim Firmenlauf gehen 10 000 Teilnehmer an den Start. Der erste ist nach gut 18 Minuten wieder im Ziel. Warum Dabeisein toll ist und warum einer danach den Abflug macht
Eine tiefschwarze Wolke, 18 Uhr. Habe mich umgezogen. Mit oder ohne Regenjacke? Mit oder ohne Regenjacke? Mit oder ohne Regenjacke? Mit! Beim lockeren Dauerlauf zur Messe fängt es zu regnen an. Alles richtig gemacht. Regen und Firmenlauf, war da nicht was?
*** Der Firmenlauf ist ein einziger Rekord. Mit 3000 Läufern fing es an, nun gehen 10 000 an den Start. Einer weiß alles: Klaus Hornauer, 61, Webdesigner. Er ist der „Datenbanker“des Laufs, sammelt die Namen der Firmen, der Teamcaptains, der Teilnehmer. Sammelt Vornamen, Nachnamen, Geburtsdaten – und teilt die Startnummern zu. Dann bereitet er die Daten so auf, dass nach Zielschluss alle sehen können, ob sie ihre Bestzeit getoppt haben, dass die flotte Kollegin verdammt schnell war und der Chef doch eher lahm … Hornauer weiß, dass diesmal vier Läufer namens Thomas Müller sprinten und 14 Teilnehmer Geburtstag haben. Hornauer lief früher selbst Marathon. Als kurz vor 19 Uhr die Zeichen auf Start stehen, legt er aber erst mal die Beine hoch.
*** Der Moderator zieht an. „Hallo Augsburg“. Oaaaaaaaah! Das bisschen Regen kann der guten Laune nichts anhaben. Aber so weit hinten im Starterfeld – Bestzeit ade!
*** Unruhe vor dem Start. Einer springt auf und und ab, ein anderer dehnt noch mal die Arme. Ein Läufer mit grünem Trikot sagt zu seinen Kolle- gen: „Heute laufe ich mal ganz entspannt. Mit Euch.“Eine Frau entgegnet: „Das sagst Du jedes Mal.“Er darauf: „Doch, dieses Mal zieh’ ich’s durch, wirklich.“Das Startsignal. Und schon kurz nach der blauen Linie sehen die anderen aus dem Team von dem Läufer nur noch die Rückseite des Trikots. Er zieht das Tempo an. Es ist eben nicht so einfach, die Vorsätze auch einzuhalten.
*** Beim Start im Stau. Fünf Minuten nach den ersten geht es los. Die Disziplin heute: Slalom auf 6,3 Kilometern bis zum Schluss. Und zwischendrin immer wieder ausweichen auf den Rasen neben der Straße.
*** Schon vor dem Lauf ist klar: Es zählt der olympische Gedanke. Dabei sein ist alles. Deshalb ist es egal, wenn einen gleich nach dem Start alle rechts und links überholen. Da bleibt mehr Zeit für das Drumherum: etwa das Begutachten der Shirts. „Läuft bei uns“schreibt die Stadt Augsburg. Die Freude über jede motivierende Trommel und Kuhglocke kann auch viel länger ausgekostet werden, wenn man nicht so schnell unterwegs ist. Und letztlich ist die Freude umso größer, wenn das Ziel näher kommt. Die Zuschauer am Zieleinlauf, die klatschend und jubelnd am Wegrand stehen, treiben einen die letzten Meter voran. Danke! Schön, dabeigewesen zu sein.
*** Läuferdialoge können aufschlussreich sein: „Und, geht’s noch?“– „Hör bloß auf.“– „Ich hätte das Bier besser nach dem Laufen trinken sollen.“– „Sag mal, war das letztes Jahr auch so eng?“– „Wie weit noch?“– „Weit!“– „Hast du den Chef irgendwo gesehen?“– „Nächstes Jahr mache ich Walking.“– „Ich auch. Und wir stellen uns beim Start in die erste Reihe.“
*** Extra aus Berlin ist Nico Adam angereist. Der Geschäftsführer der Internetagentur unit.b verstärkt das Online-Team der Augsburger Allgemeinen. Für sie betreut Adam technisch auch die Website. Sofort nach Laufende muss er wieder zum Münchner Flughafen. Sein Flieger geht um halb zehn.
*** Organisatorin Katja Mayer ist im Stress – nicht wegen des Regens, sondern weil sie hofft, dass alles glatt geht. Als die ersten ins Ziel kommen, ist sie erleichtert: „Leider war’s ein bisschen nass, aber die Stimmung ist grandios.“
*** Nach dem Lauf ist vor dem Lauf. Vom Ziel gemütlich nach Hause gelaufen. Die Straßen wunderbar frei – eine schöne menschenleere Strecke. Aber es fehlt einem dann doch was, nämlich dieses schöne Gefühl, als Tausendfüßler zu laufen. Kurz vor der Haustür ruft jemand: Sie sind aber noch frisch. Danke dafür!
I Bilder und ein Video vom Firmenlauf finden Sie online unter
Im Internet augsburger allgemeine.de