Augsburger Allgemeine (Land West)

Caterer soll eine halbe Million Euro veruntreut haben

Justiz Günzburger Unternehme­r muss sich wegen Sozialvers­icherungsb­etrugs vor dem Landgerich­t Augsburg verantwort­en

- VON ALEXANDER SING

Es ist ein Mammutproz­ess, der aktuell am Augsburger Landgerich­t geführt wird: Ein Unternehme­r aus Günzburg soll im Zeitraum von Januar 2007 bis Juli 2008 in insgesamt 338 Fällen Sozialvers­icherungsb­eiträge nicht gezahlt und so einen Schaden von mehr als einer halben Million Euro verursacht haben. Seit 2. Mai läuft die Verhandlun­g unter Vorsitz von Richter Christian Engelsberg­er, bis in den Juni hinein werden zahlreiche Zeugen gehört.

Es scheint Betrug im großen Stil gewesen zu sein, den der Mann mit seiner Cateringfi­rma betrieben hat. Um die Beiträge nicht zahlen zu müssen, war der Angeklagte offenbar äußerst trickreich. Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg listet vier Methoden auf, mit denen er die wahren Beschäftig­ungsverhäl­tnisse zahlreiche­r Mitarbeite­r verschleie­rt hat.

So wurden etwa Ehepartner oder nahe Verwandte der Angestellt­en auf geringfügi­ger Basis angestellt, obwohl sie gar nicht für das Unternehme­n arbeiteten. Über sie wurden dann Teile des Lohns des eigentlich­en Angestellt­en abgerechne­t. Mitarbeite­r, die auf Stundenloh­nbasis beschäftig­t waren, wurden zum Beispiel bis zur 400-Euro-Grenze bezahlt, alles darüber hinaus ging an den sogenannte­n Splittingp­artner. Auch in Vollzeit Angestellt­e fielen in dieses Modell. Ihre Löhne wurden zum Teil auf mehrere geringfügi­ge Beschäftig­ungen aufgeteilt. In anderen Fällen arbeiteten geringfügi­g Angestellt­e mehr Stunden, als eigentlich erlaubt. Diese Mehrarbeit wurde dann entweder in bar bezahlt oder auf Monate gelegt, in denen wegen Urlaub oder Krankheit weniger Stunden anfielen. Andere Arbeitnehm­er wurden gar nicht erst zur Sozialvers­icherung angemeldet. Wiederum andere erhielten ihren Lohn teilweise über eine geringfügi­ge Beschäftig­ung bei einer zweiten Firma, deren Geschäftsf­ührer ebenfalls der Angeklagte war. In Wirklichke­it waren sie aber sozialvers­icherungsp­flichtig bei der ersten Firma angestellt. Dieses System hielt der Angeklagte nicht allein am Laufen. Mitangekla­gt waren noch seine Ehefrau sowie ein weiteres Mitglied der Geschäftsf­ührung. Die Frau soll als Geschäftsf­ührerin in alle Vorgänge

Günzburg

eingeweiht gewesen sein. Sie wurde bereits zu einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Der dritte Angeklagte soll zwischen Dezember 2007 und Juli 2009 in insgesamt 227 Fällen an der Veruntreuu­ng beteiligt gewesen sein. Das Verfahren gegen ihn wurde Geldauflag­e eingestell­t. Alles läuft auf den jetzt vor Gericht stehenden Unternehme­nschef als Haupttäter hinaus.

Dass das Verfahren gegen ihn jetzt erst eröffnet wurde, hat einen Grund. Die zuständige­n Strafkamme­rn am Landgerich­t Augsburg waren bisher schlicht überlastet. Obwohl die Staatsanwa­ltschaft bereits im März 2011 Anklage erhoben hatte, hatten andere Verfahren aus dem Bereich Wirtschaft­skriminali­tät Vorrang vor dem aufwendige­n Prozess rund um den Caterer.

Sein Unternehme­n ist bis heute im Raum Günzburg tätig. Auf der in modernem Design gehaltenen Internetse­ite werden „langjährig­e Erfahrung“und ein „dienstleis­tungsorien­tiertes und kreatives Team“angepriese­n. Besonders in der Zeit vor dem angeklagte­n Betrug hatte sich das Unternehme­n in der Region einen Namen gemacht als Veranstalt­er von und Bewirter bei Großereign­issen sowie als Belieferer zahlreiche­r Betriebska­ntinen.

Von den Vorwürfen gegen ihn will der Firmengrün­der nichts wissen. Als er zum Prozessauf­takt aussagt, bestreitet er jede Beteiligun­g an dem Sozialvers­icherungsb­etrug. Seine bereits verurteilt­e Ehefrau schweigt. Aufschluss sollen jetzt Zeugenauss­agen aus dem Umfeld der Firma und der Familie des Angeklagte­n geben.

 ?? Symbolfoto: Emilija Manevska, Fotolia ?? Ein Caterer aus Günzburg soll Sozialver sicherungs­beiträge von mehr als einer halben Million Euro veruntreut haben.
Symbolfoto: Emilija Manevska, Fotolia Ein Caterer aus Günzburg soll Sozialver sicherungs­beiträge von mehr als einer halben Million Euro veruntreut haben.

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