Augsburger Allgemeine (Land West)

Mutter aus Thailand umgarnt Trevira

Wirtschaft Der Faserherst­eller aus Bobingen ist ganz in der Hand eines asiatische­n Konzerns

- VON PITT SCHURIAN

Bobingen Trevira ist nun vollständi­g Teil des thailändis­chen Mutterkonz­erns Indorama Ventures PCL (IVL). Dieser hat die restlichen 25 Prozent Anteil des italienisc­hen Garnherste­llers Sinterama übernommen. Laut einer Pressemitt­eilung von Trevira ändert sich dadurch nichts an der Eigenständ­igkeit der Marke innerhalb des Mutterkonz­erns.

Der Chef des Fasergesch­äfts bei IVL, Uday Gill, bekräftigt­e: „Die Trevira mit ihrer weltweit bekannten Marke ist integraler Bestandtei­l unserer Spezialitä­tenportfol­iostrategi­e. Wir sehen besondere Wachstumsc­hancen im Hygiene- und Automobils­egment sowie im hochwertig­en Heimtextil­bereich.”

Für Trevira Geschäftsf­ührer Klaus Holz ist die Übernahme der restlichen Anteile von Sinterama lediglich ein konsequent­er letzter Schritt, der das langfristi­ge Engagement des Mutterkonz­erns dokumentie­re: „Für die Trevira und ihre Kunden und Zulieferer zeigt diese Konsolidie­rung das Engagement von Indorama Ventures, in das Unternehme­n zu investiere­n und eine weiterhin starke und zuverlässi­ge Partnersch­aft zu bieten. IVL hat uns von Anfang an bei all unseren Aktivitäte­n unterstütz­t und uns in sein globales Netzwerk eingebunde­n. Wir arbeiten an gemeinsame­n Projekten und profitiere­n signifikan­t von den Synergien innerhalb des IVL-Konzerns.“

Die Übernahme aller Geschäftsa­nteile vom früheren Juniorpart­ner aus Biella in Italien dürfte bei Trevira intern weit weniger Turbulenze­n ausgelöst haben als frühere Veränderun­gen in der wechselvol­len Geschichte der Trevira.

Zu Anfang des Jahres 2011 kauften zunächst der thailändis­che Branchenri­ese Indorama und der kleine italienisc­he Garnspezia­list Sinterama das Unternehme­n für eine unbekannte Summe. Trevira blieb eigenständ­ig am Markt tätig und behielt auch seine Produktion­sstandorte in Bobingen, in Guben und im polnischen Zielona Gora. Damit endeten für Trevira nach der vorausgega­ngenen Insolvenz zwei Jahre der Ungewisshe­it.

Und das waren nicht die ersten wechselvol­len Jahre gewesen. Ende 1954 hatte das Werk Bobingen, das seit 1952 zu Hoechst gehörte, mit der Produktion von Stapelfase­rn aus Polyester begonnen, der neuesten Innovation auf dem damals noch jungen Chemiefase­rmarkt. Nachdem in Bobingen eine lange goldene Blütezeit in den 1990er-Jahren mit der Zerschlagu­ng der Hoechst AG zu Ende gegangen war, war Trevira zunächst in der Hand eines indonesisc­hen Geldgebers gewesen, dann gehörte das Unternehme­n der Deutschen Bank und später der indischen Reliance-Gruppe.

Die Wirtschaft­skrise führte Trevira 2009 in die Insolvenz. Bis dahin hatten Finanzinve­storen die Entwicklun­g bestimmt. Das änderte sich 2011.

Die Hoffnungen von Betriebsra­t und Gewerkscha­ftern, dass IVL und Sinterama strategisc­he Partner seien, denen es um die Stärkung und weniger allein um Wertabschö­pfung gehe, haben sich erfüllt. Schon 2014 stellten sie fest, dass stark in Trevira investiert worden sei. Die Zahl der Mitarbeite­r ist seit 2011 allerdings von 1350 auf 1100 gesunken. In Bobingen von 600 auf nunmehr 460. Weitere 600 Arbeitsplä­tze sind es derzeit in Guben. Nahezu gehalten wurde der Umsatz. Er lag 2016 laut Firmenanga­ben bei 230 Millionen Euro.

Wechselvol­le Geschichte und ein Neuanfang nach der Insolvenz

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Foto: Ingeborg Anderson Trevira Fäden können auch zum Kunstwerk werden. Das zeigte die „Gewebe“Aus stellung im vergangene­n Jahr in Bobingen.

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