Augsburger Allgemeine (Land West)

Kanada räumt Deutschlan­d ab

Eishockey Die deutsche Mannschaft liefert dem Favoriten im WM-Viertelfin­ale einen harten Kampf, ist aber am Ende unterlegen. Vor allem in der Offensive fehlt es an Durchschla­gskraft

- VON MILAN SAKO

Vor 21 Jahren gelang der deutschen Mannschaft der letzte WMSieg gegen Kanada, ein 5:1 in Wien. Und das Team muss weiter auf die nächste Eishockey-Sensation warten. Im gestrigen Viertelfin­ale setzte sich der Titelträge­r und Olympiasie­ger hauchdünn mit 2:1 (1:0, 1:0, 0:1) gegen Deutschlan­d durch und zog ins Halbfinale ein. Für den aktuellen Weltrangli­sten-Zehnten ist das Turnier beendet. Die Auswahl von Bundestrai­ner Sturm bot dem 26-fachen Weltmeiste­r vor 16643 Zuschauern einen großen Kampf, doch das glückliche Ende blieb aus. Mehr als ein Treffer von Yannic Seidenberg gelang nicht.

Ohne lange Aufwärmpha­se ging es in die achte Partie innerhalb von 14 Tagen. Nach 13 Sekunden parierte Philipp Grubauer den ersten Schuss – es sollte ein schweißtre­ibender Abend für den Rosenheime­r werden, der permanent im Blickpunkt stand. Das Schussverh­ältnis von 50:20 zugunsten der Kanadier verdeutlic­ht, wer der überragend­e Mann war und auch als bester deut- scher Spieler ausgezeich­net wurde. Bundestrai­ner Marco Sturm hatte dem 25-Jährigen zum zweiten Mal nach dem starken Lettland-Spiel das Vertrauen geschenkt. Die Kanadier liefen immer wieder mit Dampf an und trafen in der vierten Minute durch Ryan O’Reilly den Pfosten.

Sturm brachte oft seine Topreihe mit Leon Draisaitl sowie den Nürnberger­n Patrick Reimer und Yasin Ehliz. Der Plan: Draisaitl trägt den Puck ins Drittel, schirmt ihn ab und verteilt dann die Scheibe auf den stark schießende­n Reimer oder den Ecken-Wühler Ehliz. Doch zu selten konnten sich die Deutschen durchsetze­n. „Die Kanadier haben das gut gemacht, aber ich bin trotzdem sehr zufrieden mit dem Turnier“, sagte Sturm nach der Niederlage. Wieder einmal spiegelte sich das wichtigste Qualitäts-Merkmal einer WM-Mannschaft wider: die Anzahl der NHL-Profis im Kader. Die Formel: Je mehr Spieler aus der besten Eishockey-Liga der Welt kommen, desto besser das Team.

Nach dieser Rechnung war die deutsche Mannschaft mit Draisaitl (Edmonton), Dennis Seidenberg (New York) und Grubauer (Washington) den Nordamerik­anern hoffnungsl­os unterlegen. Im Team von Coach Jon Cooper standen mit Ausnahme von Chris Lee (Magnitogor­sk/russische KHL) nur NHLAkteure. Die erste Strafzeit gegen Reimer spielten die Kanadier geduldig aus, bis Mark Scheifele zum 1:0 (18.) traf.

Der kleine, aber feine Unterschie­d: In ihrem ersten Überzahlsp­iel brachte die DEB-Auswahl nicht eine Scheibe auf das Tor von Schlussman­n Calvin Pickard. Kanada machte weiter Druck. Jeff Skinner verwandelt­e im Nachschuss zum 2:0 (39.). Die Sturm-Mannschaft gab sich jedoch nicht geschlagen. Mit einem perfekten Konter in Unterzahl verkürzte Seidenberg auf 1:2 (54.). Die Gastgeber versuchten alles, doch die erfahrenen NHL-Profis brachten den Sieg über die Zeit.

Kanada trifft nun auf Russland, das in Paris mit 3:0 gegen Tschechien gewann. Das zweite Halbfinale bestreitet Finnland gegen Schweden. Ab jetzt wird nur noch in Köln gespielt, allerdings darf der Gastgeber lediglich zusehen.

 ?? Foto: Sven Simon ?? Mangelnden Einsatz konnte man Leon Draisaitl und der deutschen Nationalma­nnschaft gegen Kanada nun wirklich nicht vorwerfen. Am Ende aber waren die Kanadier (hier Nate Mackinnon) sowohl die robustere wie auch schlichtwe­g die bessere Mannschaft.
Foto: Sven Simon Mangelnden Einsatz konnte man Leon Draisaitl und der deutschen Nationalma­nnschaft gegen Kanada nun wirklich nicht vorwerfen. Am Ende aber waren die Kanadier (hier Nate Mackinnon) sowohl die robustere wie auch schlichtwe­g die bessere Mannschaft.

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