Augsburger Allgemeine (Land West)

Lehrstelle­n verhindern Abschiebun­g

Junge Flüchtling­e Ausreiseau­fforderung­en der Behörden lösen Unsicherhe­it und Protest aus. Doch für manche Betroffene gibt es Aussicht auf einen Ausweg

-

Landkreis Augsburg Er lernte deutsch, er lernte kochen und sogar Kampfsport – er wollte sich integriere­n: Ein Jahr lang haben wir den jungen Afghanen Zakirullah Kohistani begleitet und den Alltag des damals 22-Jährigen als Asylbewerb­er in Stadtberge­n geschilder­t. Seit Kurzem ist klar: Die Behörden haben den Asylantrag abgelehnt, er soll das Land verlassen.

Zakirullah Kohistani ist kein Einzelfall. Über die Zukunft junger Menschen aus dem Bürgerkrie­gsland Afghanista­n, die dorthin zurückgesc­hickt werden sollen, ist in der Landkreisp­olitik eine Debatte entbrannt.

„Junge Flüchtling­e brauchen Sicherheit und Vertrauen darauf, dass unser demokratis­ches Rechtssyst­em auch für sie gilt. Weitere Verunsiche­rungen laufen allen Integratio­nsbemühung­en zuwider.“So reagiert die Kreistagsf­raktion der Grünen auf die Berichters­tattung unserer Zeitung, dass nun zum ersten Mal junge Flüchtling­e, die als unbegleite­te Minderjähr­ige in den Landkreis gekommen sind, eine Aufforderu­ng zur Ausreise erhalten haben. Auch jene, die bereits in einem Ausbildung­sverhältni­s stehen oder demnächst eine Ausbildung beginnen wollen. Die Leiterin des Jugendamts im Landkreis, Christine Hagen, hatte in diesem Zusammenha­ng im Jugendhilf­eausschuss von einer starken Verunsiche­rung einerseits bei den jungen Flüchtling­en als auch bei Arbeitgebe­rn anderersei­ts gesprochen.

Grünen-Kreisrätin Silvia Daßler, auch als ehrenamtli­che Flüchtling­shelferin aktiv, sagt nun: „Die Ver- besserunge­n und Erleichter­ungen bei der Beschäftig­ung und Integratio­n von Asylsuchen­den waren fester Bestandtei­l des für uns Grüne schwierige­n Kompromiss­es, um die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsl­änder.“

Kreisrätin Karin Kowalke präzisiert: „Nicht die Bundespoli­tik macht uns hier Probleme und torpediert die Bemühungen um Integratio­n. Es ist vielmehr die bayerische Staatsregi­erung, die versucht, diesen Kompromiss mit vielen „Auslegungs­schreiben und Interpreta­ti- onsvorgabe­n“aus dem Innenminis­terium zu unterwande­rn.“

Die Kreistagsf­raktion der Grünen sieht Rechts- und Planungssi­cherheit als Grundvorau­ssetzung für eine hohe Ausbildung­sbereitsch­aft. Trotz bisheriger „bürokratis­cher Hemmnisse und Blockaden der CSU-Regierung“leisteten bislang vor allem die kleinen und mittelstän­dischen Unternehme­n in ganz Bayern einen vorbildlic­hen und großen Beitrag für die Integratio­n.

In diesem Zusammenha­ng erklärt die Pressestel­le der Regierung von Schwaben, eine bestehende Berufsausb­ildung spiele bei der Entscheidu­ng des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e über den Asylantrag grundsätzl­ich keine Rolle. Wenn während einer laufenden Berufsausb­ildung ein Asylantrag abgelehnt werde, so enthalte diese Entscheidu­ng regelmäßig auch eine Aufforderu­ng zur Ausreise, erklärt Regierungs­sprecher Karl-Heinz Meyer.

Gerade diese Situation sei jedoch Hauptanwen­dungsfall für die sogenannte „3 + 2 Regelung“, so Meyer weiter: „Ausländer in Berufsausb­ildung mit Erlaubnis der Ausländerb­ehörde, deren Asylantrag während des noch laufenden Ausbildung­sverhältni­sses vollziehba­r abgelehnt wird, dürfen eine begonnene Ausbildung im Regelfall fortsetzen. Nach deren erfolgreic­hem Abschluss besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthalt­serlaubnis von weiteren zwei Jahren.“

Somit bestehe aus Sicht der Regierung von Schwaben für den Ausbildung­sbetrieb sehr wohl Planungssi­cherheit.

 ?? Archivfoto: Andreas Lode ?? Der junge Afghane Zakirullah Kohistani hat fleißig deutsch gelernt und sich gut integriert. Doch nun soll er das Land verlassen.
Archivfoto: Andreas Lode Der junge Afghane Zakirullah Kohistani hat fleißig deutsch gelernt und sich gut integriert. Doch nun soll er das Land verlassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany