Augsburger Allgemeine (Land West)

Seehofer will Steuern mit Wucht senken

Wahlkampf Schäuble bietet 15 Milliarden an. Warum der CSU das noch zu wenig ist

- VON RUDI WAIS UND ULI BACHMEIER

Augsburg/Schweinfur­t Die neue Harmonie zwischen CDU und CSU wird schon wieder durch einen Dissens in der Steuerpoli­tik gestört. Während Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble Beschäftig­te und Unternehme­n nach der Wahl um maximal 15 Milliarden Euro entlasten will, pocht die CSU offenbar auf eine deutlich höhere Summe. Ohne konkrete Zahlen zu nennen, verlangte Parteichef Horst Seehofer am Wochenende eine „große, wuchtige Steuerrefo­rm“mit einer kräftigen Entlastung der Bürger. Dank der sprudelnde­n Steuereinn­ahmen stünden der öffentlich­en Hand in den kommenden Jahren „gigantisch­e Beträge“zur Verfügung. Nach Berechnung­en des Arbeitskre­ises Steuerschä­tzung werden Bund, Länder und Gemeinden bis zum Jahr 2021 etwa 54 Milliarden Euro mehr einnehmen als bislang eingeplant.

Die CSU wolle, dass „etwas Kräftiges“zustande komme, betonte Seehofer nach einer Klausur der Parteispit­ze. Unter anderem möchte die Partei den Solidaritä­tszuschlag schrittwei­se bis zum Jahr 2025 abschaffen und nicht erst 2030 wie die CDU. Er spült dem Fiskus mehr als 17 Milliarden Euro pro Jahr in die Kasse. Im Gegensatz zu Schäuble will die CSU die Entlastung durch den Abbau des „Soli“jedoch zusätzlich zu den 15 Milliarden Euro – in den Planungen des Finanzmini­sters dagegen ist sie schon eingerechn­et. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat eine Entlastung von mehr als 15 Milliarden Euro bereits ausgeschlo­ssen. Nach einem Spitzentre­ffen der Parteivors­tände gestern in Berlin wollen die Kanzlerin und Seehofer heute mit den Fraktionsv­orsitzende­n der Union aus Bund und Ländern über die Schwerpunk­te des Wahlkampfe­s beraten.

SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz geißelte Seehofers Steuervers­prechen beim Landespart­eitag der Bayern-SPD als unseriös. Deutschlan­d müsse seine Überschüss­e für dringend nötige Investitio­nen nutzen, statt jene zu entlasten, „die es nicht nötig haben“, sagte Schulz. Ohne Investitio­nen in Bildung, Infrastruk­tur und Forschung könnten Erfolg und Wohlstand nicht gesichert werden. „Wir müssen heute investiere­n, damit es auch morgen noch gerecht zugeht“, sagte Schulz und verwies darauf, dass die Union obendrein eine Steigerung der Rüstungsau­sgaben um 20 bis 30 Milliarden Euro fordere. Woher das Geld kommen solle, darauf hätten CDU und CSU keine Antwort. Seehofers Steuersenk­ung sei nicht durch sprudelnde Überschüss­e gerechtfer­tigt, sondern Ergebnis der Nullzinspo­litik: „Es sind einmalige Überschüss­e.“Wer sie jetzt für Wahlgesche­nke nutze, müsse später Ausgaben kürzen oder Steuern erhöhen. Über die Konflikte in der Union lästerte Schulz: „Wenn das Schwesterp­arteien sind, dann bekommt der Begriff Familienba­nde eine ganz neue Bedeutung.“

Mit dem Streit um die Steuerentl­astungen beschäftig­t sich auch der Kommentar. Die Lage der LandesSPD ist heute Thema im Leitartike­l von Uli Bachmeier und auf Bayern.

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