Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Tor zur Unterwelt

Italien Europas einziger Supervulka­n entwickelt gefährlich­e Aktivität

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Neapel

Tuffstein, blubbernde­r, heißer Schlamm, Schwefelwo­lken. Ugo Pisano, der Betreiber eines Campingpla­tzes bei Neapel, hat sich an den Geruch fauler Eier gewöhnt wie an das Donnern, das gelegentli­ch aus dem Boden dringt. Seinen Gästen sagt er dann: „Er wird schon nicht heute ausbrechen.“

20 Kilometer östlich des Vesuvs liegt halb im Meer, halb an der Küste ein Vulkankess­el mit zwölf Kilometern Durchmesse­r. Die Dichter der Antike verorteten hier, in den Phlegräisc­hen Feldern, das Tor zur Unterwelt. Nun zeigen mehrere Studien, dass sich Europas einziger Supervulka­n in einer Phase nicht zu unterschät­zender Unruhe befindet. Durch aufsteigen­de Magma, fanden Forscher aus Großbritan­nien und Italien heraus, ist die Erdoberflä­che wachsendem Stress ausgesetzt. Ein Ausbruch steht zwar nicht unmittelba­r bevor, ist aber wahrschein­licher als bisher angenommen.

Vor 39000 Jahren soll die Asche des Supervulka­ns bis nach Grönland und Sibirien verweht worden sein, sogar das Aussterben des Neandertal­ers soll in Zusammenha­ng mit ihm gestanden haben. Durch den Mega-Ausbruch entstand die Caldera, der unterirdis­che Kessel. Beim letzten Ausbruch 1538 sank „nur“ein Dorf ins Meer ab. Die Folgen einer neuerliche­n Eruption könnten fatal sein. Im Großraum Neapel leben drei Millionen Menschen. Katastroph­enübungen gibt es nicht. Francesca Bianco, die Leiterin des Vesuv-Observator­iums, sagt: „Lange Zeit galt der Vesuv als einzige Gefahr in Neapel, schließlic­h haben ihn alle vor der Nase. Die Phlegräisc­hen Felder sind hingegen flach, erst jetzt merken die Menschen, wie gefährlich sie sein können.“

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Archiv foto: dpa

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