Augsburger Allgemeine (Land West)
Notwehr oder nicht?
Prozess Ein Mann wurde mit einer Drogenspritze bedroht und schlug daraufhin mit einer Bierflasche zu. Vor Gericht erhielt er dafür einen Freispruch
Wer angegriffen wird, darf sich wehren. Das nennt man Notwehr. Eine möglicherweise nur eingebildete Gefahrensituation führte für einen 26-Jährigen zu einem Freispruch, der vor Amtsrichterin Susanne Scheiwiller der gefährlichen Körperverletzung angeklagt war.
Er hatte Anfang Dezember 2015 in der Jakobervorstadt einem Kon- trahenten, 49, eine Bierflasche auf den Kopf geschlagen. Bei dem Streit im Dunstkreis der Drogenszene hatte der 49-Jährige, was dieser bestreitet, den jetzt Angeklagten auf offener Straße angeblich mit den Worten angegangen: „Gib mir Geld oder verkauf’ für mich mein Zeug.“Dabei habe der Mann, so behauptete der 26-Jährige (Verteidiger: Klaus Rödl) nun im Prozess, in der geballten Hand eine Spritze gehal- ten. Es sei zu einem körperlichen Kontakt gekommen.
Angeklagter legte ärztliches Attest vor
Vor lauter Angst, von einer Drogennadel gestochen zu werden, habe er dann mit der Flasche zugeschlagen. Um die damals für ihn gefährliche Situation zu belegen, legte der Angeklagte nun ein ärztliches Attest vor. Zwei Tage nach dem Vorfall hatte er sein Blut auf ansteckende Krankheiten hin untersuchen lassen. „Ich war mir damals nicht sicher, ob ich gestochen worden war.“Der Untersuchungsbefund war negativ. Für das Gericht war der Gang zum Arzt kurz nach dem Vorfall ein Indiz dafür, dass der Angeklagte an eine Notwehrlage geglaubt hatte. Weil das gesamte Geschen nicht mehr geklärt werden konnte, folgte ein Freispruch.