Augsburger Allgemeine (Land West)

Was ist Liebe?

Projekt Eine inklusive Theatergru­ppe hat in Diedorf eine gemeinsame Inszenieru­ng entworfen. Wie das ankommt

- VON THOMAS HACK

Diedorf

Was ist Liebe in Zeiten von Facebook und Datingport­alen? Wie sieht die wahre Liebe aus? Und in welchen Formen zeigt sie sich einem? Diesen und weiteren Fragen rund um das komplexe Gefühl der Zuneigung ging die inklusive Theatergru­ppe des Eukitea Theaters in Diedorf nach. Sie präsentier­te nun ihr Stück „Liebe durch alle Zeiten“im randvollen Theaterhau­s.

Das Projekt steht ganz im Zeichen der Inklusion, die eine Teilhabe von Menschen mit Behinderun­g an allen Bereichen des gesellscha­ftlichen Lebens ermögliche­n soll. Innerhalb der Gruppe um Regisseur Giorgio Buraggi treffen deshalb Menschen mit unterschie­dlichen Fähigkeite­n zusammen, die eine Leidenscha­ft teilen: das Theaterspi­el. Zum zweiten Mal wagte man sich nun an eine Eigenprodu­ktion, nachdem man zuvor schon Klassiker, wie „Peter Pan“oder „Tanz der Vampire“auf die Bühne brachte.

„Am Anfang stand diesmal die Frage, was Liebe überhaupt ist“, erklärt Buraggi vorweg. Das Stück scheint gleich zu Beginn eine Antwort darauf zu geben. Franziska Ottlik, die nicht nur viele der Texte für das Stück schrieb, sondern mithilfe der gestützten Kommunikat­ion auch als Erzählerin den Abend mal poetisch untermalt, mal als Stimme zu den Darsteller­n spricht, beschreibt gleich am Anfang Liebe als verbindend­e Kraft. Doch um diese zu finden ist es im Stück noch ein weiter Weg. Denn zunächst zeigen sich Erfahrunge­n der enttäuscht­en Liebe, der Entfremdun­g, der Eifersucht.

Wir lernen eine Frau kennen, die verzweifel­t versucht mit Menschen über das Telefon zu kommunizie­ren und dabei fortlaufen­d scheitert. Bei einem Pärchen scheint die langjährig­e Liebe plötzlich zu zerbrechen. Und ein junges Mädchen fühlt sich von ihrem Vater nicht richtig geliebt und verstanden.

Sie alle treibt es zu einer ominösen Madame Venezuela, einer Art Wahrsageri­n, die das Glück der Liebe zu günstigen Preisen verspricht. Mehr als oberflächl­iche und unbefriedi­gende Angebote kann jedoch auch sie nicht machen, und so versuchen die einzelnen Personen die Liebe bei einer Zeitreise zu finden. In verschiede­nen Sequenzen reisen die Darsteller in solch unterschie­dliche Umgebungen, wie die Steinzeit, das 18. Jahrhunder­t oder die Zukunft. Dort treffen sie auf verschiede­ne Formen der Liebe, sei es Hilfsberei­tschaft, das Love & Peace der Hippies oder die Sinnlichke­it der romantisch­en Epoche. Sie erkennen, dass Liebe schon immer da war und immer da sein wird, selbst in der fernen Zukunft.

Mit diesem Optimismus schließt das Stück, das trotz des ernsten Themas äußerst humorvoll inszeniert ist. Der Spaß, den man schon bei den Proben erkennen konnte, überträgt sich eins zu eins auf die Aufführung. Der ganze Körper, samt Stimme, kommt zum Einsatz, um die jeweilige Szene realistisc­h darzustell­en und den Zuschauer in den Bann des Stücks zu ziehen.

Das Publikum belohnt diese Leistung mit großem Applaus und zeigt sich auch hinterher begeistert von der Vorstellun­g. Gertrud Schnur, die zum ersten Mal ein Stück des Ensembles besucht hat, gefiel der Abend sehr gut: „Mir hat gefallen, wie toll alle zusammen gespielt haben“, erzählt sie. Angelika DempfLechl­er wiederum beschreibt das Stück als „anrührend“. Besonders gefielen ihr der Witz und die Leichtigke­it der Darbietung. Und auch Ute Amend zeigte sich begeistert, vor allem von der Umsetzung des Konzepts der Inklusion.

Dieter Demel vom Caritasver­band für die Stadt und den Landkreis Augsburg, der die Theatergru­ppe maßgeblich unterstütz­t, zieht eine positive Bilanz: „Wir hatten an beiden Abenden über 70 Besucher“, sagt er. Besonders gefreut habe ihn auch, dass am ersten Abend ein Großteil der Besucher zur Gesprächsr­unde mit den Darstellen geblieben sei.

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Foto: Michael Hochgemuth Um Liebe durch alle Zeiten ging es bei dem kreativen Inklusions­projekt des Theater Eukitea in Diedorf.

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