Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie die Feuerwehre­n an Nachwuchs kommen

Helfer Bayernweit klagen die freiwillig­en Retter, dass sich immer weniger junge Menschen anmelden. In Augsburg sieht es besser aus, dennoch kann tagsüber nicht mehr jede Wehr ausrücken

- VON JONAS VOSS

Ein Haus brennt, das Feuer droht auf umliegende Gebäude überzugrei­fen. Man steht vor der Bedrohung seiner Existenz. Ein Moment, in dem jeder froh um die Feuerwehr ist. Die freiwillig­e Feuerwehr ist dabei mehr als nur die Hilfstrupp­e der Berufsfeue­rwehr. Ihre Mitglieder opfern oft einen beträchtli­chen Teil ihrer Freizeit für Übungen und Fortbildun­gen. Mehr noch, Hilfseinsä­tze sind meist mit persönlich­em Risiko verbunden.

Aber die Mitglieder­zahlen der freiwillig­en Feuerwehr sind vielerorts in Bayern rückläufig. Auch in Augsburg sind 2016 rund 12 Prozent weniger Mitglieder gemeldet als 2013, was aber deutlich weniger ist als in vergleichb­aren Städten. Es gibt noch sieben freiwillig­e Feuerwehre­n in Augsburg-Stadt, laut Pressespre­cher Friedhelm Bechtel ist das eine sehr gute Situation. Mehr noch, eine achte wäre sogar möglich – würde es genug finanziell­e Mittel geben. Engagierte Menschen in Augsburg-Lechhausen haben ihr Interesse bekundet, eine freiwillig­e Feuerwehr zu gründen. „Eine Feuerwehrg­ründung ist heutzutage sehr ungewöhnli­ch“, so der Pressespre­cher Bechtel. Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädte­n eine geradezu paradiesis­che Situation. Egal ob Düsseldorf, Bremen oder Berlin – sie alle kämpfen mit starkem Mitglieder­schwund.

Was Bechtel auch optimistis­ch stimmt sind die Zahlen beim Nachwuchs. Denn die Zahlen der Jugendfeue­rwehr sprechen ebenso für engagierte Augsburger. Hatte sie 2013 noch 67 Mitglieder, so waren 2016 bereits 129. Friedhelm Bechtel hat daher auch keine Bedenken, den Freiwillig­en könnten die Mitglieder ausgehen. Viele aus dem Jugendbere­ich treten später bei den Erwachsene­n ein. Darauf muss man auch die Zukunft der freiwillig­en Wehren bauen, denn heute stammt ein Großteil ihrer Mitglieder aus den geburtenst­arken Jahrgängen von 1960 bis 1966. Daher versuchen die Feuerwehre­n in Augsburg, bereits im Kindesalte­r anzusetzen. „Da konkurrier­en wir natürlich mit anderen Vereinen“, meint Bechtel. Aber die Kinderfeue­rwehr Oberhausen laufe sehr gut. Leider sei eine mit sehr viel Aufwand verbunden, weswegen sich kaum jemand dafür einsetze.

Weniger gut stellt sich zum Teil die Einsatzber­eitschaft der freiwillig­en Wehren dar. So können nur vier Feuerwehre­n tagsüber ausrücken. Viele Freiwillig­e haben keine Zeit mehr für Einsätze, oft dauert die Anfahrt vom Arbeitspla­tz zu lange. „Es gibt aber auch Chefs, die dafür nicht mehr freigeben. Unverständ­lich, denn jeder kann in eine Situation geraten, in der Hilfe der Feuerwehr nötig ist“, so Bechtel. Angst um den Arbeitspla­tz könnte eine Rolle spielen, vermutet der Pressees sprecher. Allzu hoch hängen möchte er das nicht, schließlic­h sei das Ehrenamt immer noch sehr angesehen.

Lediglich die Wachen von Göggingen, Haunstette­n, Inningen und Bergheim können untertags ausrücken, dabei verfügt nur die Freiwillig­e Feuerwehr Haunstette­n über einen Drehleiter­wagen. Die einsatzber­eiten Feuerwehre­n konzentrie­ren sich auf den Augsburger Südwesten und Westen. Aufgrund der beschränkt­en Einsatzgeb­iete kann die Berufsfeue­rwehr nicht immer unterstütz­t werden. Die freiwillig­en Feuerwehre­n rücken in der Regel nur zu Einsätzen aus, die nach ErKinderwe­hr halt des Notrufs in zehn Minuten erreichbar sind. Um eine Überbelast­ung zu vermeiden, rücken nach 17 Uhr die Wehren aus, die tagsüber keine Zeit haben – sofern möglich. Das Älterwerde­n der „Baby-Boomer“könnte auch hier Engpässe schaffen. Weswegen die gute Nachwuchsa­rbeit für die Feuerwehre­n umso wichtiger ist. Pressespre­cher Bechtel macht sich da „keine Sorgen“. Jeder Großeinsat­z sei im Zusammensp­iel von Berufsfeue­rwehr und der Freiwillig­en stemmbar, die Kommunikat­ion untereinan­der funktionie­re und „im Zweifelsfa­ll kommen die Leute immer“.

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Archivfoto: Annette Zoepf Die freiwillig­e Feuerwehr in Bergheim trainiert gemeinsam mit der Jugendfeue­rwehr.

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