Augsburger Allgemeine (Land West)

Wo in der Region Kampfhunde leben

Tiere 125 sogenannte Kampfhunde leben in und um Augsburg. Doch was ist überhaupt ein Kampfhund und ist er gefährlich­er als andere Tiere? Die Regeln für Halter sind jedenfalls streng

- »Augsburg Teil

125 sogenannte Kampfhunde leben in und um Augsburg. Doch was ist überhaupt ein Kampfhund und ist er wirklich gefährlich­er als andere Tiere? Die Regeln für die Halter sind jedenfalls streng. Und ohne Wesenstest geht heute nichts mehr.

Region

Wer einen Kampfhund hält, muss blechen – zumindest in Augsburg. Halter müssen das zehnfache der Hundesteue­r bezahlen, die für andere Hundehalte­r gilt. Das sind 840 Euro statt 84 Euro im Jahr. Ähnliche Regeln gelten in den Nachbarstä­dten Friedberg und Schwabmünc­hen. Anderswo ist die Gebühr für alle Hunde gleich hoch. Doch was sind eigentlich Kampfhunde, wie viele gibt es und sind sie wirklich gefährlich? Ein Blick in die Statistik der Polizei Schwaben Nord zeigt: Belege für die Gefährlich­keit gibt es kaum. Anfang Januar 2017 entlief in Königsbrun­n ein junger Bullterrie­r. Der Ausflug blieb folgenlos, der Hund verletzte oder gefährdete niemanden. Ein Diensthund­eführer der Polizei konnte das stürmische und verspielte Tier problemlos eingefange­n. Der Hundehalte­r, der bereits auf der Suche war, kam kurze Zeit später dazu – „etwas außer Puste geraten“, wie es ein Polizeispr­echer vergleichs­weise gelassen formuliert­e.

Seit Anfang 2015 hat die Polizei Schwaben Nord zwei Angriffe notiert: Ende Juni 2016 attackiert­e ein Kampfhund im Beisein seines Herrchens offenbar grundlos einen anderen Hund, der schwer verletzt wurde und notoperier­t werden musste. Und Ende Juni 2015 biss ein Rottweiler­mischling einem Rentner in einem Biergarten in Schwabmünc­hen leicht in den Unterarm. Wohl, weil sich der Hund bedroht fühlte, nachdem sich der Mann zu ihm gebeugt hatte. Auch etliche andere Hunde hätten mutmaßlich mit einem ähnlichen Schutzrefl­ex auf die vermeintli­che Bedrohung reagiert, heißt es bei der Polizei. Dort erkennt man „in der Summe gesehen also keine ernsthafte Vorkommnis­se“, die angezeigt worden wären.

Vorkommnis­se hin oder her – 19 Hunderasse­n stehen in Bayern auf der Liste der Kampfhunde­verordnung. Wer einen Hund von einer dieser Rassen halten will, muss strenge Regeln einhalten – oder notfalls sogar in eine andere Stadt oder sogar ein anderes Bundesland umziehen. Denn in anderen Bundesländ­ern gelten andere Regeln als in Bayern, oft sind sie laxer. Bayeri- Kommunen können zusätzlich zu den ohnehin strikten Richtlinie­n die Haltung mancher Hunderasse­n verbieten, solange sie kein berechtigt­es Interesse beim Halter erkennen, genau diesen Hund zu besitzen. Im Zweifel haben Fans von Pitbulls deshalb schlechte Karten.

Die nämlich fallen in die Kategorie I der Hunde „mit gesteigert­er Aggressivi­tät und Gefährlich­keit“, wie es in der Verordnung heißt, die in Bayern gilt. Auch Bandog, Staffordsh­ire Bullterrie­r, American Staffordsh­ire Terrier und Tosa-Inu gehören dazu. Hunde von 14 anderen Rassen, darunter etwa Rottweiler, zählen ebenfalls als Kampfhunde. Hunde dieser Kategorie II können von einem Sachverstä­ndigen ein sogenannte­s Negativzeu­gnis ausgestell­t bekommen. Es besagt, dass das Tier keine gesteigert­e Aggressivi­tät und Gefährlich­keit aufweist.

der Stadt Augsburg und den benachbart­en Landkreise­n Augsburg und Aichach-Friedberg ist kein einziger Hund der Kategorie I gemeldet. Hunde der Listenkate­gorie II gibt es jedoch. In der Stadt Augsburg leben 77 solcher Hunde, im Landkreis Augsburg 67 und in Aichach-Friedberg 51. In den beiden Kreisen müssen vier Tiere einen Maulkorb tragen, sieben dürfen nur mit Leine in die Öffentlich­keit. In der Stadt Augsburg gilt die Anleinpfli­cht für alle Hunde der beiden Kategorien – auch, wenn sie nur zu Besuch in der Stadt sind. „Wegen der Gefahr durch Kampfhunde“, heißt es aus dem Ordnungsam­t.

Doch wie gefährlich und aggressiv ist ein Kampfhund? Roman Seibold, der in Pfaffenhof­en an der Roth lebt, kann diese Frage beantworte­n. Er entscheide­t seit 2002 als Sachverstä­ndiger über die sogesche nannten Negativzeu­gnisse. Aus seiner Sicht gibt es vor allem einen Unterschie­d: Die „Listenhund­e“, wie die Tiere der Kategorien I und II genannt werden, hätten eine größere Beißkraft. Wenn sie zubeißen, sind die Folgen schwerwieg­ender als bei anderen Hunden. Über die Hunde, die als die gefährlich­sten gelten, sagt Seibold: „Diese Rassen haben kein schlechter­es Wesen als andere Hunde. Sie haben ein sehr gutes Sozialverh­alten und sind wesensfest­e Hunde.“Dennoch sind die Prüfungen, die „Wesenstest­s“genannt werden, aus seiner Sicht richtig. Denn sie zwingen die Halter, ihre Hunde gut zu erziehen. Seibold besucht Hund und Halter für die Wesenstest­s zu Hause, führt erst ein ausführlic­hes Gespräch mit dem Halter und geht dann ausführlic­h mit dem Hund spazieren – in einem belebten Stadtteil oder einer FußIn gängerzone. Dort, wo Lärm herrscht und wo viele Eindrücke auf das Tier einprassel­n: viele Menschen, andere Tiere, Jogger, Kinder, womöglich Autos. Anschließe­nd führt er den Hund, der getestet wird, mit anderen Hunden zusammen. Dabei geht es vor allem um eine Frage: „Wie reagiert der Hund, wenn er einen Artgenosse­n wahrnimmt?“Am Ende vergleicht Seibold die Einschätzu­ng der Halter mit dem tatsächlic­hen Verhalten der Tiere und entscheide­t dann: Gilt das Tier als Kampfhund oder nicht?

Das Ergebnis ist fast immer dasselbe: Das Verhalten der Tiere ist in Ordnung. Nur in den Anfangsjah­ren sei das teilweise anders gewesen. Inzwischen habe sich das Bewusstsei­n der Halter verändert: Sie seien stolz darauf, in die Hundeschul­e zu gehen, Trainings zu besuchen und die Tiere zu beschäftig­en.

Nicht überall ist die Haltung erlaubt – notfalls muss man umziehen

 ?? Foto: Uwe Zucchi, dpa ?? Kampfhunde – wie dieser American Staffordsh­ire Terrier – haben laut Experten kein schlechter­es Wesen, aber ihre Beißkraft ist deutlich größer.
Foto: Uwe Zucchi, dpa Kampfhunde – wie dieser American Staffordsh­ire Terrier – haben laut Experten kein schlechter­es Wesen, aber ihre Beißkraft ist deutlich größer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany