Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Verbeugung vor der Natur
Ausstellung Neusäß zeigt Retrospektive „Plein Air“zum 70. Geburtstag der Malerin Florina Coulin. Wie groß die Bandbreite ist
Neusäß
„Plein Air“– also das Malen in freier Natur hat eine große Tradition. Meist haben die dort entstandenen Werke einen unmittelbareren Ausdruck als Arbeiten, die rein im Atelier entstanden sind und das gleiche Motiv zeigen. Diesen Weg der Malerei in der Landschaft ist auch Florina Coulin gegangen. Anlässlich ihres 70. Geburtstags widmet der Kulturkreis Neusäß der Künstlerin unter dem Motto „Plein Air“eine Retrospektive.
Angelegt wie eine Retrospektive stammen die frühen Arbeiten aus den 70er Jahren, während die jüngsten im Jahr 2015 entstanden sind. „Man kann sie, zusammen betrachtet, als Ausdruck des inneren und äußeren Lebensweges der Künstlerin verstehen und die Mal-Orte rückblickend als biografischen Parcours betrachten“, beschrieb die Kunsthistorikerin Dr. Sylvia Jäkel die ausgesuchten Bilder in ihrer Laudatio zur Vernissage. Zu ihren Malansätzen sagt Florina Coulin: „Ein Ort inspiriert mich und ich will ihn mir im Mal-Erleben aneignen.“Die Elemente der Darstellung erfahren im Malprozess immer eine „Mal-Übersetzung“. Auch in den bravsten realistischen Darstellungen werde willentlich komponiert.
Immer wieder zeigen sich Beispiele, wie meisterlich Florina Coulin die Aquarelltechnik beherrscht. „Zu Recht wird sie als Meisterin auf diesem Gebiet angesehen“, so Sylvia Jäkel weiter.
Florina Coulin studierte in ihrem Heimatland Rumänien in Bukarest von 1965 bis 1971 Malerei. Während ihrer Studentenzeit erlebte sie ein relativ freies, auch der westlichen Kultur aufgeschlossenes Land. Mitte der 70er Jahre veränderte sich die politische Situation jedoch zum Schlechteren und viele Intellektuelle, darunter die Künstlerin und ihr Mann, kehrten Rumänien für immer den Rücken. Kurz vor ihrer Ausreise im Jahr 1977 entstand das Aquarell Bukarest, das oben in der Vitrine liegt und einen Blick aus dem Fenster ihrer Bukarester Wohnung einfängt. Dieses Bild zeigt das alte Bukarest im Vorder- und das neue im Hintergrund und ist als Liebeserklärung der Künstlerin an ihre Heimatstadt zu verstehen.
In der Ausstellung wechseln sich thematisch verschiedene Serien ab, die kleine abgeschlossene Einheiten bilden: Toskanische Hügel, in Cinque Terre, Sonne und Mond bei St. Colombe, Ischia und Capri, Wolkendorf in Rumänien, Weitsicht zu den Pyrenäen, die Wertach in Augsburg und schließlich die meditativen inneren Landschaften, die Streifenbilder, aus dem Jahr 2015. „Immer empfindet sie dabei ihre Malerei als Hommage an die jeweilige Landschaft und oftmals entstehen mehrere Arbeiten zu einem Motiv“, so Sylvia Jäkel.
Erdtöne bestimmen beispielsweise die Bilder aus der Serie „Toskanische Hügel“. Die oftmals in Malerei festgehaltenen Motive gewinnen aber bei ihr einen eigenen Reiz. Sie sind gefällig im besten Sinne, sprechen den Betrachter unmittelbar an, sind aber in ihrer leichten Stilisierung beispielsweise der landestypischen Zypressen weit weg von künstlerischer Gefühlsduselei.
Zarte Farben wiederum prägen das „Heidefeld in Aude“. Rot-, Rosa- und Grüntöne fangen in abstrahierter Form die Stimmung der Landschaft ein. Eher gegenständlich und den leicht rustikalen Charme dieses Ortes im Landkreis AichachFriedberg wiedergebend, stellt Florina Coulin die „Plank-Mühle“in Schmiechen vor. Als bloße Silhouetten wiederum grasen „Pferde im Wolkendorf“einem Motiv, das sie noch in Rumänien malte. O
Die Ausstellung ist noch bis zum Donnerstag, 15. Juni, je weils Montag/Dienstag/Donnerstag von 8 bis 17 Uhr, Mittwoch von 8 bis 18 Uhr sowie Freitag von 8 bis 12 Uhr im Foyer des Rathauses Neusäß zu sehen.
Öffnungszeiten