Augsburger Allgemeine (Land West)
Maria – ein ökumenisches Problem?
Isolde, evangelisch, und Bernd, katholisch, wollten immer schon eine ökumenische Ehe führen, keine Mischehe, sondern konfessionsverbindend. Ihrem Mann zuliebe geht Isolde sogar mit zur Maiandacht, obwohl Maria immer wieder ein Streitthema ist. So auch vor zwei Wochen. Hundert Jahre Patrona Bavariae. Von zehntausend Katholiken wurde das in München bei großer bischöflicher Präsenz gefeiert. Isolde hat dafür sogar ein gewisses Verständnis: „Das ist eben bayerische Geschichte, gehört fast zu unserer Leitkultur. Schwieriger ist für mich eher die Feier des hundertsten Jahrestages der Marienerscheinung in Fatima.“Da geht Bernd dazwischen: „Daran muss man ja selbst als Katholik nicht unbedingt glauben, auch wenn es empfohlen wird.“
Aber Isolde legt nach: „Dieser Marienkitsch, der geht mir einfach auf den Geist!“Doch im gleichen Augenblick tut ihr diese Aussage auch schon wieder leid. Sie will ja ökumenisch sein, und so gibt sie zu, dass die Marienverehrung unser Land auch ungeheuer bereichert habe, dass es z. B. wunderschöne Marienbilder und Marienmusik gebe.
So gehen sie abends doch wieder gemeinsam zur Maiandacht. Der Diakon sagt in seiner Ansprache, das Besondere an Maria sei ihr „Ja“zu dem Kind. Das beweise ihren großen Glauben und Gottesgehorsam. Als Kommentar brummelt Isolde beim Hinausgehen aus der Kirche: „Als ob Maria die einzige wäre, die zu ihrem Kind ,Ja‘ sagt.“
Bernd weiß sofort, was sie meint. Seine Frau ist schwanger, und das passt überhaupt nicht in ihre Lebensplanung. Sie wollte doch ihre erst kürzlich wieder aufgenommene Berufstätigkeit nicht aufgeben. Darum schiebt sie nach: „Du weißt selbst, wie lange wir gebraucht haben, unser weiteres Kind zu akzeptieren. Maria ist tatsächlich eine von uns.“
Als Katholik hoffe ich, dass in den MaiAndachten und an der Mariensäule auch an solche „ökumenische“Anliegen gedacht wird.