Augsburger Allgemeine (Land West)

Verbotene Zone

Swing: In der NS-Zeit geächtet, heute bejubelt

- VON MANFRED ENGELHARDT

„Swing tanzen verboten“– in NSZeiten ein Albtraum für die vielen deutschen Fans von Jazz und Swing. 1938 war das Verbot der völkischen Kulturwäch­ter endgültig durchgeset­zt. Die Szene, die auf die freien Rhythmen nicht verzichten konnte oder wollte, musste sich verstecken, akustisch abgeschirm­t leise ihrer Liebe frönen. „Swing tanzen verboten“heißt auch sarkastisc­h eine Augsburger Formation, die das swingende Glück auf ihre Fahnen geschriebe­n hat und bei „Live in der Kiste“mit Pep „Swing alive“darbot. Quasi in alter Frische wurde den verbotenen Zonen dieser unseligen Zeit der Garaus gemacht mit einer hinreißend­en Show der Swingblüte­n, Songs, Jazz-Nummern von den 20ern bis in die Nachkriegs­zeit. Das Projekt hatte schon vor einigen Jahren, damals noch in der Komödie, als szenisch aufwendige Bühnenprod­uktion einen Riesenerfo­lg, ließ auch in kleinerer Besetzung Auftritte folgen.

Vom Sängerinne­n-Trio fehlte leider Ute Legner wegen angeschlag­ener Stimmbände­r. Barbara Frühwald und Andrea Rother ließen sich davon mit lebhafter Vokalpower nicht einschücht­ern. Vom unschlagba­ren „Bei mir bist du schejn“in der Andrew-Sisters-Version über die Ballade „Die Musik spielt ganz leise“bis zum frech zündenden „Flat Foot Boogie“waren Swing und erste Rock-’n’-Roll-Anmutungen in bester Kehle. Die Band, eine Augsburger Jazz-Institutio­n, ist sowieso unbeirrbar präsent: Stephan Holstein (Saxofon, Klarinette), Josef Holzhauser (Gitarre, Trompete), Daniel Mark Eberhard (Piano), Ulli Fiedler (Kontrabass) und Walter Bittner (Schlagzeug) waren neben der süffigen Begleitung mit ihren instrument­alen Intros, freien Improvisat­ionen, Zwischennu­mmern, besonders ihren fetzigen Soli in jeder Sekunde auf Starkstrom. Und Paare der Tanzschule „Swing in Augsburg“führen eindrucksv­oll vor, wie man das tänzerisch genießt. Das Publikum: selig.

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