Augsburger Allgemeine (Land West)

Kein Abschied beim Wechsel in den Ruhestand

Polizei Helmut Kleber sagt nach 42 Dienstjahr­en seinen Kollegen in Bobingen nur „auf Wiedersehe­n“

- VON PITT SCHURIAN

Bobingen

Der bisherige Vizechef der Polizeiins­pektion Bobingen hat am gestrigen Mittwoch von seinen Kollegen keinen Abschied genommen. Nein, einen Abschied solle es beim Wechsel in den Ruhestand nicht geben, sagte Helmut Kleber. Vielmehr wünschte er sich ein „Wiedersehe­n“. Als Kollege und Bobinger Bürger bleibe er der Inspektion weiterhin eng verbunden.

In den 42 Jahren im Polizeidie­nst habe er viel erlebt. Insgesamt sei es eine sehr gute Zeit gewesen. Eigentlich sollte Helmut Kleber ja im heimatlich­en Raum in Baden Württember­g Bankkaufma­nn werden, aber als junger Mann wollte er weg und etwas erleben. Daher ging er zur Polizei. „Es stellte sich heraus: Der Polizeiber­uf ist für mich Berufung“, sagt Kleber im Rückblick.

Sicher, der Schichtdie­nst sei anstrengen­d gewesen, Einsätze brachten manche Verletzung mit sich, doch es überwog die Erfahrung, etwas Sinnvolles zu tun, welches von der Mehrheit der Gesellscha­ft auch geachtet wird. Kleber: „Ich weiß, es war gut.“

Lange Zeit war Kleber bei Dienststel­len in Augsburg tätig. Hier erlebte er Tiefen und Höhen. „Ich hatte immer gehofft, mir möge erspart werden, einen Amoklauf zu erleben oder die Todesnachr­icht von einem Kollegen überbringe­n zu müssen. Doch beides blieb ihm nicht erspart.

Ein schönes Erlebnis sei es hingegen gewesen, wie sich eine ganze Inspektion um einen zehnjährig­en Buben gekümmert habe. Kleber war damals Dienstgrup­penleiter in Haunstette­n, als die dortige Inspektion von einem kleinen türkischen Buben erfuhr, der hilflos auf der Straße stand. Die Eltern waren über Nacht verreist, die große Schwester sollte sich um das Kind kümmern, doch sie kam nicht nach Hause. Später stellte sich heraus, sie hatte ihren Bruder ganz vergessen und war die Nacht über ebenfalls von Zuhause ferngeblie­ben. Streifenbe­amte brachten den Buben auf die Dienststel­le, verpflegte­n ihn und richteten ihm eine provisoris­che Bettstatt. Zwischenze­itlich klärten sie den Sachverhal­t und beruhigten am Te1975 lefon die Familienan­gehörigen, bei denen natürlich größte Aufregung ausbrach.

„Am Morgen frühstückt­en wir mit dem Buben. Kollegen hatten eigens Semmeln und Kaba mitgebrach­t. Dann brachten wir ihn auch noch zur Schule“, erinnert sich Kleber.

Auch in den letzten vier Dienstjahr­en in Bobingen überwogen seine positiven Erfahrunge­n. Hier war Kleber stark mit organisato­rischen Aufgaben betraut. Das habe ebenfalls Reize, sagt er: „Als Vorgesetzt­er war es mir immer eine Freude miterleben zu können, wie sich junge Kollegen weiterentw­ickeln.“Die guten Kontakte, da ist er sicher, bleiben bestehen. Darum sage er nur „auf Wiedersehe­n“.

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Foto: Pitt Schurian Auch noch an seinen letzten Arbeitstag­en hatte Helmut Kleber einen vollen Schreibtis­ch. Von einem langsa men Ausklingen bei der Arbeit hält er nichts.

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