Augsburger Allgemeine (Land West)
Bund Naturschutz greift in Wahlkampf ein
Stadtbergen Die Umweltschutzorganisation fordert im Vorfeld der Bürgermeisterwahl ein Bekenntnis gegen Gewerbegebiet an der B 300. Doch nicht alle Befragten spielen mit
Stadtbergen Der Wahlkampf ums Stadtberger Bürgermeisteramt gewinnt an Fahrt. Gestern Abend wurde Amtsinhaber Paul Metz (CSU) von seiner Partei offiziell wieder als Kandidat nominiert (ausführlicher Bericht folgt), am Tag zuvor hatte sich der Bund Naturschutz zu Wort gemeldet. Die nach eigenen Angaben rund 300 Mitglieder starke Organisation fürchtet um den Bestand einer der wichtigsten politischen Weichenstellungen der vergangenen Jahre in Stadtbergen.
Bei einem Bürgerentscheid im Juli 2016 hatten 64,8 Prozent gegen die Ausweisung eines Gewerbegebiets an der B 300 votiert und damit Überlegungen von Metz und seiner CSU eine Absage erteilt. Die Wahlbeteiligung lag bei 45 Prozent. Da die Bindungsfrist dieser Abstimmung nach einem Jahr ausläuft, fordert der Bund Naturschutz, der das Bürgerbegehren zusammen mit SPD und Grünen getragen hatte, nun von der Kommunalpolitik ein Bekenntnis.
Das verdeutlichte der stellvertretende Vorsitzende Thomas Miehler am Mittwochabend: „Wir erwarten ohne Wenn und Aber, dass aufgrund des eindeutigen Ergebnisses beim Bürgerentscheid das Gebiet südlich der B300 von Gewerbeansiedlung frei bleibt.“In der Stadtberger Rathauspolitik erntet der Bund Naturschutz mit dieser Forderung nur teilweise Zustimmung.
Vor zwei Monaten startete der Bund Naturschutz unter kommunalen Entscheidungsträgern eine Umfrage. In dieser bekannten sich Vertreter von SPD und Grünen zu der Forderung des Bund Naturschutz – allen voran die beiden Bürgermeisterkandidaten Matti Müller (SPD) und Peter Rauscher (Grüne).
Die Fraktionschefs von CSU und Pro Stadtbergen, der Stadtrat der Freien Wähler gaben dagegen keine Antwort – ebenso Rathauschef Paul Metz und sein Stellvertreter Michael Smischek. Miehlers Kommentar: „Keine Antwort ist auch eine Antwort.“Bürgermeister Metz hatte in der Vergangenheit mehrfach geäußert, das Ergebnis des Bürgerentscheids respektieren zu wollen. Was aber, wenn das Thema aus den Reihen des Stadtrats wieder auf die Tagesordnung kommt?
Auf Anfrage unserer Zeitung sagte Metz: „Ich habe schon immer gesagt, die nächsten drei Jahre ist das für mich tabu.“Er gehe davon aus, dass die CSU-Fraktion im Stadtrat das ähnlich sehe. Er könne aber nicht vorhersehen, wie ein neuer Stadtrat, der in drei Jahren gewählt wird, zum Thema Gewerbegebiet stehe. Metz: „Wenn der Stadtrat ein Bürgerbegehren es wollen, dann muss ich mich mit dem Thema befassen. Deshalb kann ich als Bürgermeister das Gewerbegebiet nicht für alle Zeiten ausschließen.“
Die Gegner des Gewerbegebiets verweisen darauf, dass Stadtbergen mit seiner geringen Fläche bei der Ausweisung von Baugebieten sehr zurückhaltend sein solle. Im Zusammenhang mit dem Bau der Uniklinik fürchtet der Bund Naturschutz „ein Schreckensszenario“, sollte auch das Gewerbegebiet an der B 300 Wirklichkeit werden. Stadtbergen werde „in einem Meer von Hochhäusern, Häusern und Gewerbebauten“versinken und an Wohnqualität sowie Naturnähe einbüßen.
Die Befürworter des Gewerbegebiets verweisen dagegen auf die Notwendigkeit, heimischen Firmen Erweiterungsflächen zu bieten, die es bislang nicht in ausreichendem Maße gebe. Zudem täten neue Firmen dem Gewerbesteueraufkommen der Stadt gut, betonen die Befürworter.
Offen ist noch, wie massiv der Bund Naturschutz das Thema „Gewerbegebiet“in den Wahlkampf einbringen will. An eine Wahlempfehlung für oder gegen einen Kandidaten sei nicht gedacht, hieß es am Mittwoch auf Nachfrage unserer Zeitung.
Allerdings gibt es persönliche Verknüpfungen in die politischen Lager. Der frühere Kreisvorsitzende und heutige Schriftführer der Organisation, Paul Reisbacher, sitzt ebenso wie der stellvertretende Voroder sitzende Miehler für die Grünen im Stadtrat. Vorsitzender des Bund Naturschutz in Stadtbergen ist der langjährige Bürgermeister Ludwig Fink (SPD). Der erklärt zwar, er wolle sich nicht mehr ins politische Tagesgeschäft einmischen, stehe aber gleichwohl hinter der Aktion.
Unter seinem Vorgänger werde im Bund Naturschutz „das politische Element stärker“, klagte Metz. Dabei sei der Bund Naturschutz doch eine überparteiliche Organísation. Metz jedenfalls will sich nicht von seinem Vorgänger schriftlich examinieren lassen und ließ die Umfrage deshalb unbeantwortet. „Wenn der Bund Naturschutz was wissen will, kann er mich einladen. Ich bin schließlich auch Mitglied dort.“