Augsburger Allgemeine (Land West)
Westheimer protestieren gegen Tempo 50
Verkehr Stadträte sind weiter uneins über Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzungen
Neusäß
Bringt Tempo 30 tatsächlich mehr Sicherheit? Auch dort, wo es rechtlich gesehen gar nicht notwendig ist? Oder ermüdet es den Autofahrer und dann fährt er erst recht schneller – auch dort, wo ein Kindergarten oder ein Altenheim ist? Über diese Fragen wurden sich die Mitglieder im Neusässer Planungsausschuss erneut nicht einig. Wolfgang Weiland von den Freien Wählern nannte es gar einen „Glaubenskrieg“, der zum Thema Aufhebung von Tempo 30 ausgebrochen sei und mahnte eine vernünftige Lösung zur Verminderung der Gefahren für Fußgänger und Radfahrer an.
Anlass war der Protest von 64 Anwohnern aus Westheim gegen die in der vorigen Sitzung beschlossenen Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung in der Von-Rehlingen-Straße und Biburger Straße zur B 300 ab der Einmündung Sonnwendstraße. Etliche der Anwohner waren auch als Zuhörer zu der Sitzung ins Rathaus gekommen.
In einem Brief argumentierten die Bürger, das Gefahrenpotenzial spräche gegen Tempo 50, denn die Straße sei teilweise sehr schlecht einsehbar, viele Kinder würden die Straße auf dem Weg zur Bushaltestelle queren. Außerdem gefährde der Autoverkehr die Radfahrer. Das sahen die CSU und die Freien Wähler anders und votierten am Ende gegen die Aufhebung des Beschlusses.
Davor diskutierten die Räte hitzig. Bürgermeister Richard Greiner verwies auf den Rat der Fachbehörden, die davon abraten, Tempo 30 über zu lange Strecken aufrecht zu erhalten, weil sich die Autofahrer dann nicht daran halten. Man könne die Diskussion natürlich auch nur „gefühlsbasiert“führen und auf eine „symbolische Sicherheit“setzen. Aber ein Verstoß gegen das Tempolimit sei eben rechtlich nicht durchsetzbar und damit obsolet.
„Mir reicht es, wenn sich die Hälfte der Fahrer daran hält“, argumentierte Ulrich Englaender (SPD). Das sei besser, als dass alle schnell fahren. Er plädierte dafür, doch erst einmal abzuwarten, ob es rechtlich nicht haltbar sei, dass der Stadtrat hier eine besondere Gefährdung sehe. Alles andere nannte er „unnötigen vorauseilenden Gehorsam“, da noch keine Behörde die Stadt bisher aufgefordert habe, das Tempo 30 abzuschaffen. „Wir machen uns ja nicht strafbar, wenn wir alles so lassen, wie es ist.“
Dr. Michael Frey (Grüne) sah das genauso und fragte zur Aufhebung von Tempo 30: „Wem nützt das? Dass Autos schneller fahren dürfen?“Wilhelm Kugelmann (CSU) sagte, das sei nicht die Frage und erklärte, dass dann ja alle Bürger im gesamten Stadtgebiet das gleiche Recht auf Tempo 30 hätten, was von den anwesenden Zuhörern spontan mit „Ja bitte, um so besser!“beantwortet wurde.
Ursula Schwinge-Haines (Grüne) hielt es für nicht nachvollziehbar, warum man dem dringenden Wunsch der Anwohner nicht entsprechen könne. Sie glaube, die meisten Fahrer werden sich an das Tempolimit halten wie bisher. Das bezweifelte Jörg Röhring (CSU) und argumentierte, dass Tempo 30 hier einfach rechtlich nicht zulässig sei.
Bürgermeister Greiner stellte schließlich zur Abstimmung, an der Aufhebung von Tempo 30 festzuhalten (beschlossen mit drei Gegenstimmen von Grünen und SPD) sowie andererseits von der Verwaltung prüfen zu lassen, welche Maßnahmen die Sicherheit in diesem Bereich erhöhen können, zum Beispiel eine Querungshilfe. Letzteres wurde einstimmig beschlossen. Außerdem solle noch ein Ortstermin stattfinden, zu dem auch die Bürger eingeladen werden.
Nachträglich zur vorigen Sitzung entschieden die Räte noch über einen Bereich in Ottmarshausen, wo ebenfalls die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Holzbachstraße bis zur Mühlbachstraße aufgehoben werden sollte. Hier stimmte der Ausschuss einstimmig dagegen. Die Strecke sei zu kurvig und gefährlich, außerdem sei die Kindertagesstätte in der Holzbachstraße ganz in der Nähe.