Augsburger Allgemeine (Land West)

Österreich klagt gegen deutsche Pkw Maut

Verkehr Wien bleibt bei EU-Ministertr­effen hart. Der Klage-Gutachter erklärt, warum er die deutsche Abgabe mehrfach für rechtswidr­ig hält

- VON MICHAEL POHL

„Die deutsche Maut diskrimini­ert alle Nicht Deutschen. Es ist eine reine Ausländerm­aut.“Österreich­s Verkehrs minister Leichtfrie­d

Österreich will die deutsche Pkw-Maut definitiv vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f zu Fall bringen. Der österreich­ische Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d machte bei einem Treffen mit seinen Amtskolleg­en aus den deutschen Nachbarsta­aten Luxemburg, Belgien, Tschechien und den Niederland­en klar, dass seine Regierung unabhängig von einem geplanten Vermittlun­gsverfahre­n der EUKommissi­on eine Klage bei dem höchsten europäisch­en Gericht einreichen werde. Was bei dem Treffen ebenfalls klar wurde: Die anderen Länder wollen bei der Klage vorerst nicht mitziehen. Tschechien signalisie­rte bereits, es werde gegen die deutsche Maut nicht vorgehen. Für Luxemburg und die Niederland­e gebe es „noch Klärungsbe­darf“. Man wolle von der EU-Kommission eine schriftlic­he Begründung verlangen, warum die Behörde das laufende Mautverfah­ren gegen Deutschlan­d eingestell­t habe.

CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt verteidigt das deutsche Modell als europarech­tskonform und verweist auf entspreche­nde Aussagen der EU-Kommission.

Leichtfrie­d versuchte bei dem „Anti-Maut-Gipfel“, die anderen Staaten zu bewegen, sich der Klage anzuschlie­ßen. „Die deutsche Maut diskrimini­ert alle Nicht-Deutschen“, betonte der Österreich­er. „Das verstößt gegen EU-Recht.“Der Sozialdemo­krat bestritt in einem Interview innenpolit­ische Motive für die Klage angesichts der österreich­ischen Parlaments­wahlen im Herbst: In der Mautfrage seien sich alle österreich­ischen Parteien einig.

Auch könne man die deutsche Abgabe nicht mit der österreich­ischen Maut vergleiche­n, betont Leichtfrie­d. „In Deutschlan­d sollen alle bis auf die Deutschen zahlen. Es ist also eine reine Ausländerm­aut.“In Österreich würden In- und Ausländer gleicherma­ßen bei den Autobahnvi­gnetten belastet. Die Wiener Regierung stützt sich bei ihrer Klage auf ein Gutachten des Innsbrucke­r Europarech­tlers Walter Obwexer. Der 51-jährige Professor erklärt, das deutsche Maut-Modell diskrimini­ere gleich in mehrfacher Hinsicht EU-Ausländer.

Dies verstoße bei Autofahrer­n, die aus wirtschaft­lichen Gründen unterwegs sind, sogar wortwörtli­ch gegen den Lissabonne­r EU-Vertrag. So untersagt Artikel 92 ausdrückli­ch eine Schlechter­stellung gewerblich­er ausländisc­her Verkehrste­ilnehmer. Eine weitere Diskrimini­erung ist laut Obwexer, dass künftig ausschließ­lich ausländisc­he Autofahrer überprüft und bei Mautverstö­ßen bestraft werden sollen, da bei deutschen Fahrzeugha­ltern die Abgabe automatisc­h zusammen mit der KfzSteuer eingezogen werden soll.

Zudem zieht der Klägeranwa­lt die von Deutschlan­d in Brüssel vorgebrach­ten Argumente, wonach die Pkw-Maut auch dem Umweltschu­tz dienen solle, grundsätzl­ich in Zweifel: „Sie belohnt nämlich Vielfahrer, die die Umwelt stärker belasten als Gelegenhei­tsfahrer“, kritisiert Gutachter Obwexer. Auf der anderen Seite würden „besonders umweltbela­stende Fahrzeuge keiner Mehrbelast­ung unterworfe­n“, so der Jurist. „Einer Vertragsve­rletzungsk­lage gegen Deutschlan­d kommt begründete Aussicht auf Erfolg zu“, ist sich der Professor sicher. (mit dpa)

Im Leitartike­l entlarvt Jürgen Marks das Wahlkampfg­etöse, das sowohl hinter deutschen als auch österreich­ischen Argumenten steckt.

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