Augsburger Allgemeine (Land West)

Was den Scheichs aus Katar alles gehört

Hintergrun­d Der Wüstenstaa­t ist einer der einflussre­ichsten Geldgeber der Welt – und auch in Deutschlan­d an vielen Konzernen beteiligt

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg

Ein Mal im Jahr leistet sich der Wüstenstaa­t Katar eine AutoAusste­llung, die „Qatar Motor Show“. Autobauer zeigen in der Hauptstadt Doha ihre PS-stärksten Modelle, wuchtige Pick-ups, glänzende Limousinen oder rasante Sportwagen. Der Spritverbr­auch spielt keine große Rolle in einem Land, in dem ein Liter Benzin weniger kostet als eine Flasche Wasser. Vor einigen Jahren hatte der deutsche Autobauer Volkswagen in Doha einen vergoldete­n Touareg im Gepäck. Felgen, Seitenleis­ten, Kühlergril­l und Heckzierle­iste waren mit 24-karätigem Gold besetzt. Zwar galt das Modell als unverkäufl­ich, man kann aber davon ausgehen, dass derartiger Luxus gut ankommt im wohlhabend­sten Staat der Erde.

Es ist kein Zufall, dass der Autobauer sich gut mit den FahrzeugVo­rlieben katarische­r Ölscheichs auskennt. Denn Deutschlan­ds größ- tes Unternehme­n ist eng verbandelt mit dem winzigen Golfstaat, der durch den Export von Öl und Gas reich geworden ist. Das Emirat ist der drittgrößt­e Aktionär bei Volkswagen, nach Porsche und dem Land Niedersach­sen. Die staatseige­ne Qatar Holding hält 17 Prozent der VW-Aktien, mit dem Geschäftsm­ann Hussain Ali Al-Abdulla und Kommunikat­ionsminist­er Hessa AlJaber sitzen zwei Vertreter des Wüstenstaa­ts im 20-köpfigen Aufsichtsr­at.

Die Qatar Holding ist eine Tochterges­ellschaft des katarische­n Staatsfond­s Qatar Investment Authority, über den das Emirat weltweit an Unternehme­n beteiligt ist. Nach Angaben des US-amerikanis­chen Sovereign Wealth Fund Institute verwaltet der Fonds ein Vermögen von aktuell 335 Milliarden Dollar – eine Summe, die größer ist als das Bruttoinla­ndsprodukt Ägyptens. Anders formuliert: Der Zwergensta­at Katar, Heimat von nur rund 2,6 Millionen Menschen, ist einer möglichst breit, er sichert sich nie mehr als zehn Prozent der Anteile an einem Konzern.

Anders der mächtige Staatsfond­s Katars. Neben der Beteiligun­g an Volkswagen hält er über Tochterges­ellschafte­n unter anderem Anteile an der britischen Bank Barclays, dem Flughafen Heathrow und dem Ölkonzern Total. 2010 kaufte die Qatar Holding das Luxus-Kaufhaus Harrods in der britischen Hauptstadt vom bisherigen Eigentümer Dodi Al-Fayed, auch der Londoner Wolkenkrat­zer „The Shard“– mit 310 Metern das höchste Gebäude in der EU – gehört zu 95 Prozent den Katarern. Mit Paris St. Germain leistet sich der Golfstaat einen eigenen Fußballklu­b. Dessen Präsident, der Geschäftsm­ann Nasser Al-Khelaifi, spielte früher profession­ell Tennis, gemeinsam mit Tamim bin Hamad al- Thani, dem erst 37 Jahre alten Emir von Katar.

Auch in Deutschlan­d hat der kleine Wüstenstaa­t viel Einfluss. Bis vor kurzem war der katarische Staatsfond­s über die Investment­gesellscha­ften Paramount Services Holdings und Supreme Universal Holdings größter Einzelakti­onär bei der Deutschen Bank. Anfang Mai zog der chinesisch­e Mischkonze­rn HNA Group an der katarische­n Herrscherf­amilie vorbei, die insgesamt etwa sechs Prozent aller Aktien am größten deutschen Geldhaus hält. Auch an Siemens sind die Investoren aus Katar beteiligt: Der Golfstaat hat gut drei Prozent der Aktien des Münchner Konzerns gekauft, der Wert: vier Milliarden Euro.

Entspreche­nd sackte der deutsche Aktieninde­x, der die Entwicklun­g der 30 größten deutschen Unternehme­n widerspieg­elt, ab, nachdem bekannt wurde, dass Saudi-Arabien und drei weitere arabische Staaten Katar isoliert haben. Am Dienstag verlor der Dax über 100 Punkte. Am Mittwoch rutschte er noch einmal tiefer und ging schließlic­h bei 12 672 Punkten aus dem Handel.

In Katar ist man allerdings der Meinung, dass die Wirtschaft des Landes gut vorbereite­t ist auf den Konflikt mit den arabischen Nachbarlän­dern. Der Präsident der katarische­n Handelskam­mer, Scheich Khalifa bin Dschassim bin Mohammed bin Dschassim bin Mohammed al-Thani, erklärte, die Wirtschaft seines Landes sei so stark, dass sie die diplomatis­che Krise überstehen werde.

Im Internet wirbt das Land bereits für die nächste Qatar Motor Show, die im kommenden Frühjahr stattfinde­n soll. Die Auto-Ausstellun­g, heißt es dort, soll größer werden als jemals zuvor.

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