Augsburger Allgemeine (Land West)

Wer zerstörte die „Einkaufsfr­au“?

Randale Unbekannte haben eine weitere Skulptur aus der Reihe „Alltagsmen­schen“in Gersthofen zerstört. Doch dies ist nicht der erste Fall, bei dem Unbekannte Kunst im Außenberei­ch kaputtmach­ten. Was die Stadt nun plant

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen

Schockiert sind derzeit viele Bürger in Gersthofen: Wieder wurde eine der Skulpturen der Künstlerin Christel Lechner aus der Serie „Alltagsmen­schen“schwer beschädigt und in drei Teile zerbrochen. Doch das ist nicht das erste Mal. Bereits vor zwei Jahren, als zum 20-jährigen Bestehen der Gersthofer Stadthalle 22 dieser sympathisc­h-skurrilen, lebensgroß­en Figuren die Innenstadt bevölkerte­n, wurden mehrere davon beschädigt.

Auch die jetzt beschädigt­e „Einkaufsfr­au“war vor zwei Jahren bereits unter den „Opfern“unbekannte­r Täter. Sie stand an selber Stelle auf dem Gersthofer Rathauspla­tz als Teil einer Dreiergrup­pe. Sie wurde repariert und auf vielfachen Wunsch der Bevölkerun­g mit vier weiteren Alltagsmen­schen von der Stadt aufgekauft. Eine weitere Skulptur wurde irreparabe­l beschädigt.

Die Einkaufsfr­au wurde nach Angaben der Gersthofer Stadtsprec­herin Ann-Christin Joder im Rathaus in Sicherheit gebracht. „Jetzt muss ein Fachmann klären, ob sie repariert werden kann.“Auch eine Videoüberw­achung wird derzeit geprüft. „Aus datenschut­zrechtlich­en Gründen ist das aber nicht einfach.“

Dies bestätigt Manfred Gottschalk, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord. „Es ist zwar laut Bayerische­m Datenschut­zgesetz grundsätzl­ich möglich, Kulturgüte­r zu überwachen, aber dafür muss am Standort eine erhebliche kriminelle Belastung vorhanden sein.“Zwei bis drei Straftaten dort allein reichten dafür wohl nicht aus. „Rechtlich absichern muss sich hier die Stadtverwa­ltung.“

„Es ist wirklich frustriere­nd“, sagt Markus Schwarz, der Leiter der Polizeiins­pektion Gersthofen. „Wir haben bisher keinen Hinweis auf die Täter. Vor zwei Jahren, bei den ersten Attacken auf die Figuren, gingen zwar Hinweise ein – „einen Täter ermitteln, konnten wir aber nicht“. Auch wenn sich in unmittelba­rer Nähe des Aufstellun­gsortes der Stadtpark befinde, indem sich nicht zuletzt immer wieder Jugendlich­e aufhalten und Alkohol konsumiere­n, müssten diese mit der Attacke nichts zu tun haben. Die Polizei tappt also noch im Dunkeln.

Die Schöpferin der Alltagsmen­schen, Christel Lechner, hält wenig davon, die Figuren abzubauen. Es ist schon mehrfach passiert, dass ihre Skulpturen beschädigt wurden – zum Beispiel traf es in Braunschwe­ig eine ganze Serie. „Es ist leider ein Phänomen unserer Zeit, dass Menschen ohne Respekt mit Dingen umgehen.“

Es ist auch nicht das erste Mal, dass Kunstwerke in der Region Ziel von Randaliere­rn wurden. So wurden im Jahr 1994 zwei Drittel der Exponate des Friedberge­r Skulpturen­pfads zerstört. Erika Berckhemer hatte in den 1990er Jahren in Gersthofen einen Kreisverke­hr gestaltet, der dann beschmiert wurde. 2013 wurde das gigantisch­e „Blue Baby“des Bildhauers Wolfgang Auer schwarz bemalt und schließlic­h umgeworfen. Er blieb auf 7000 Euro Schaden sitzen.

Nach einschlägi­ger Erfahrung mit Zerstörung­en hat der Land-ArtKünstle­r Hama Lohrmann seinen Beitrag zur derzeitige­n Ausstellun­g „Entdecken, Reyclen, Bewahren“der Schwäbisch­en Galerie im Volkskunde­museum Oberschöne­nfeld nicht im Wald gestaltet. Die Installati­on mit Kröten und Fröschen ist stattdesse­n an sicherer Stelle im Bräumeiste­rstadel zu sehen.

„Die Alltagsmen­schen sind nicht so abgehoben, dass sich niemand traut, sie anzufassen“, sagt Norbert Kiening aus Diedorf, der Vorsitzend­e des Berufsverb­ands Bildender Künstler (BBK) Schwaben Nord. „Das ist aber keine Entschuldi­gung für Zerstörung­en.“

Ein Problem sieht Kiening in der Konstrukti­onsweise der Figuren: „Der Kern ist Styropor, das nur mit einer dünnen Schicht Faserbeton umhüllt und damit nicht sehr stabil ist.“Eine lebensgroß­e Figur, die im Freien aufgestell­t werden soll, benötige aber für eine statisch fachgerech­te Ausführung ein Stahlgerüs­t. „Ich würde daher ein festeres Material wie Beton oder Bronze empfehlen.“»Kommentar

Auch damals gab es keinen Hinweis auf die Täter

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Fotos: Marcus Merk In drei Teile zerfallen ist die „Einkaufsfr­au“aus der Reihe Alltagsmen­schen nach einer Attacke Unbekannte­r. Sie wurde im Gersthofer Rathaus in Sicherheit gebracht, bis fest steht, ob sie noch einmal repariert werden kann.
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Hier war die sympathisc­he Dame aus Styropor und Faserbeton vor dem Gerst hofer City Center noch heil.

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