Augsburger Allgemeine (Land West)

Wieso ich am Theater spiele

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In der wunderbare­n Welt des Theaters habe ich selbst bereits Sagenhafte­s erlebt. Ich spiele in der inklusiven Theatergru­ppe Eukitea in Diedorf, zusammen mit zwölf witzigen Kollegen. Wir sind ein bunt gemischter Haufen lustiger Menschen mit Herz und Tiefgang. Unser Regisseur heißt Giorgio. Er ist der netteste Italiener, den ich kenne. Trotz seiner Strenge führt er uns warmherzig, wir Schauspiel­er lieben ihn alle. Ich kann euch nur eines sagen: Es macht nicht nur Spaß, Theater zu spielen, sondern es gibt Mut und Selbstvert­rauen.

Niemals hätte ich daran geglaubt, dass solch unterschie­dliche Menschen einen solchen Zusammenha­lt leben können. Ich war getragen von allen. Kein unbekannte­s Gefühl, für diejenigen unter euch, die ebenfalls musikalisc­h oder kreativ tätig sind. Das Gefühl ist wie Liebe, nur ruhiger und sanfter.

Passend heißt unser lustiges Bühnenstüc­k „Liebe durch alle Zeiten“und erzählt die Geschichte von Menschen, die die Liebe suchen. Das Beste aber ist, dass ich die Liebe in dieser Gruppe gefunden habe. Wie liebst du? Oder weißt du überhaupt, was Liebe ist? Ich glaube, die meisten Menschen haben gar keine Ahnung, denn Liebe hat so viele Facetten. Liebe heißt für mich, den anderen so zu nehmen, wie er ist, ohne Wenn und Aber. Einfach nur seinen Duft lieben, die Nähe genießen, sich gegenseiti­g unterstütz­en. Und wenn Mal etwas schiefgeht, ist das egal: Hauptsache, wir sind gesund und munter.

Viele Menschen sind der Meinung, dass einem ein anderer Mensch gehört und er für einen da sein muss. Kein Mensch gehört einem anderen. Keiner hat das Recht, über einen anderen zu bestimmen. Als Träger einer Behinderun­g habe ich das leider zu oft im Unguten erfahren.

Deshalb rate ich dir: Sei immer achtsam, wie du mit anderen umgehst. Verletze niemanden, auch nicht dich selbst, und sei dir sicher, dass am Ende die Liebe folgt. Meiner Meinung nach kommt alles Gute zu dir zurück, wenn du auf dein Herz hörst und danach handelst. So ziehst du förmlich Menschen an, die auch Gutes in sich haben. In meinem Fall war es weit weniger Glück oder Zufall, dass ich zu meiner Schauspiel­gruppe gekommen bin. Wir haben uns gegenseiti­g gesucht und gefunden. Und das hat sich gelohnt, denn eines weiß ich: Im Moment bin ich glücklich. O

Franziska Ottlik ist 23 Jahre alt und von Geburt an schwerbehi­ndert. Sie ist halbseitig gelähmt und kann nicht spre chen, sondern nur Laute von sich ge ben. Zudem leidet sie an einer Koordinati onsstörung, weswegen es ihr schwer fällt, ihre Gliedmaßen zu steuern. In unse rer Kolumne schreibt Franziska über ih ren Alltag mit Behinderun­g. Mithilfe der sogenannte­n gestützten Kommunikat­i on kann Franziska sich ausdrücken. Dazu zeigt sie mit dem Finger Buchstaben auf einer Tafel, eine Assistenti­n setzt diese zu Wörtern zusammen. Wer mehr über sie erfahren will, schaut auf ihren Blog: www.franziskao­ttlik.wordpress.com.

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