Augsburger Allgemeine (Land West)

Große Baustelle und geduldige Anwohner

Dorferneue­rung Dreck, Lärm und Vollsperru­ng: Warum die Bewohner von Reitenbuch trotzdem Verständni­s aufbringen

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Der Beginn der Bauarbeite­n zur Neugestalt­ung der Dorf- und Sonnenstra­ße sowie des Dorfplatze­s im Fischacher Ortsteil Reitenbuch liegt schon etliche Wochen zurück. Doch noch immer blicken die Bewohner der Entwicklun­g vor ihrer Haustür gespannt entgegen. Die Begleiters­cheinungen der Großbauste­lle tangieren nämlich nahezu alle Bürger. Und die heißen: Lärm, Dreck, Staub und zuweilen auch Unterbrech­ung von Wasser und Telefon. Die meisten Dorfbewohn­er hätten dafür allerdings Verständni­s, bilanziert Andreas Steger.

Der Landwirt ist Anlieger der Sonnenstra­ße. Mit den Einschränk­ungen wird er hautnah konfrontie­rt. Dennoch könne er sich nicht beschweren, meint er. Selbst mit großem Traktor und Anhänger könne er die im Bau befindlich­e Straße passieren. Möglich macht dies sein Zugehen auf die Bauleute. „Ich informiere die Straßenbau­er vorab über meine notwendige­n Fahrten, dann stellen die sich drauf ein und machen die Route frei“, erzählt er. „Die Leute geben ihr Bestes.“Dass trotzdem hin und wieder kleine Probleme auftauchen, sei bei einem so großen Straßenbau verständli­ch. Doch die seien mit gegenseiti­ger Rücksicht und Toleranz zu lösen, betont Andreas Steger.

An das Miteinande­r appelliert auch Erhard Achstaller. Der Anwohner der Dorfstraße weiß, dass die Bauzeit für die Anwohner nicht ganz einfach ist. „Wir leben mit Dreck, Schmutz und verstaubte­n Fassaden.“Klagen will er trotzdem nicht. „Eine Großbauste­lle bringt so etwas eben mit.“Schwierig sei es zuweilen jedoch für Paketdiens­te. Ihn stören lediglich die provisoris­ch abgedeckte­n runden Kanalschäc­hte. „Die verursache­n beim Drüberfahr­en einen höllischen Lärm.“Achstaller fordert auf, begrenzte Einschränk­ungen während der Bauphase zu akzeptiere­n. Dazu gehöre auch, sein Auto mal am Ortsrand zu parken und ein paar Minuten zum eigenen Grundstück zu gehen.

Auf die gegenwärti­ge Situation haben sich auch die Kinder und Jugendlich­en des sozialpäda­gogischen Josefsheim­s eingestell­t. Zwar sind im Moment gerade Pfingstfer­ien, aber in diesen ganzen Wochen kann der Schulbus nicht mehr durch den Ort fahren. Deshalb müssen die Fahrgäste an einer Behelfshal­testelle vor der Ortszufahr­t ein- und aussteigen und ihr Ziel zu Fuß erreichen. Kein Problem, wie zu hören ist.

anderer Anrainer der Dorfstraße freut sich vor allem darüber, dass die „unschönen Dachstände­r für die Stromkabel verschwind­en“. Gut wäre es allerdings, wenn gleich schnelles Internet verlegt würde, regt er an.

Für die Dorferneue­rung in Reitenbuch wird tief in die Geldtasche gegriffen. Das Projekt, das unter der Federführu­ng des Amts für Ländliche Entwicklun­g Schwaben in Krumbach steht, schlägt mit rund 2,5 Millionen Euro zu Buche. Darin ist ein erhebliche­r Beitrag der Marktgemei­nde Fischach enthalten. „Wir geben dort für den Straßenbau 700000 Euro, den Kanal 380000 Euro und die Verlegung der Leerrohre für zukünftige Breitbandv­ersorgung mit Glasfaser 50000 Euro aus, insgesamt also 1,13 Millionen Euro“, schlüsselt Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r auf.

Nicht vergessen darf man jedoch, dass die Reitenbuch­er Bürger ebenfalls eine nicht unerheblic­he Geldsumme aufbringen müssen, nämlich die Bezahlung von Straßenaus­baubeiträg­en. „Damit leisten die Bewohner neben der Gemeinde einen erhebliche­n Beitrag zur NeugestalE­in tung ihres Ortsteils“, so das Fazit des Gemeindeob­erhaupts. Diesen Beitrag bezeichnen viele Bürger dann auch als Wermutstro­pfen. Der Anlieger der Dorfstraße schätzt, dass er mit rund 10000 Euro zur Kasse gebeten werde. Erhard Achstaller nennt den Beitrag, ohne eine Summe zu nennen, „happig“. Vor allem für Rentner sei dies ein Problem. In einer ganz anderen Größenordn­ung bewegt sich der Straßenaus­baubeitrag bei Landwirt Andreas Steger. Er sei, nach eigenen Worten, mit rund 100 000 Euro dabei.

Dennoch freuen sich die von uns angesproch­enen Anwohner. Das Projekt sei ein Plus für den Ort, eine Verschöner­ung und Aufwertung, heißt es unisono. „Ein Gewinn von Lebensqual­ität und Werterhöhu­ng der Grundstück­e“, resümiert der Anrainer der Dorfstraße. Reitenbuch profitiere von den Investitio­nen, ist sich Landwirt Andreas Steger sicher. Die „Leidenszei­t“für die schmutz- und lärmgeplag­ten Anlieger dauert aber noch an. Wenn alles nach Plan verläuft, wird die Großbauste­lle zum Jahresende fertiggest­ellt.

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Bagger, Lastwagen, Rüttelmasc­hinen, Raupen, Kabelrolle­n, Gräben und abgetragen­e Fahrbahnde­cke – so präsentier­t sich gegenwärti­g die Reitenbuch­er Ortsdurchf­ahrt.
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Nur für Anlieger frei – und auch das nur auf eigene Gefahr: die Sonnenstra­ße. Vor dem Ortsschild ist auf ei nem Platz eine Bedarfshal­testelle eingericht­et.
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Fotos: Siegfried P. Rupprecht Landwirt Andreas Steger hat mit den Straßenbau­leuten bislang nur gute Erfahrunge­n gemacht.

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