Augsburger Allgemeine (Land West)
Große Baustelle und geduldige Anwohner
Dorferneuerung Dreck, Lärm und Vollsperrung: Warum die Bewohner von Reitenbuch trotzdem Verständnis aufbringen
Der Beginn der Bauarbeiten zur Neugestaltung der Dorf- und Sonnenstraße sowie des Dorfplatzes im Fischacher Ortsteil Reitenbuch liegt schon etliche Wochen zurück. Doch noch immer blicken die Bewohner der Entwicklung vor ihrer Haustür gespannt entgegen. Die Begleiterscheinungen der Großbaustelle tangieren nämlich nahezu alle Bürger. Und die heißen: Lärm, Dreck, Staub und zuweilen auch Unterbrechung von Wasser und Telefon. Die meisten Dorfbewohner hätten dafür allerdings Verständnis, bilanziert Andreas Steger.
Der Landwirt ist Anlieger der Sonnenstraße. Mit den Einschränkungen wird er hautnah konfrontiert. Dennoch könne er sich nicht beschweren, meint er. Selbst mit großem Traktor und Anhänger könne er die im Bau befindliche Straße passieren. Möglich macht dies sein Zugehen auf die Bauleute. „Ich informiere die Straßenbauer vorab über meine notwendigen Fahrten, dann stellen die sich drauf ein und machen die Route frei“, erzählt er. „Die Leute geben ihr Bestes.“Dass trotzdem hin und wieder kleine Probleme auftauchen, sei bei einem so großen Straßenbau verständlich. Doch die seien mit gegenseitiger Rücksicht und Toleranz zu lösen, betont Andreas Steger.
An das Miteinander appelliert auch Erhard Achstaller. Der Anwohner der Dorfstraße weiß, dass die Bauzeit für die Anwohner nicht ganz einfach ist. „Wir leben mit Dreck, Schmutz und verstaubten Fassaden.“Klagen will er trotzdem nicht. „Eine Großbaustelle bringt so etwas eben mit.“Schwierig sei es zuweilen jedoch für Paketdienste. Ihn stören lediglich die provisorisch abgedeckten runden Kanalschächte. „Die verursachen beim Drüberfahren einen höllischen Lärm.“Achstaller fordert auf, begrenzte Einschränkungen während der Bauphase zu akzeptieren. Dazu gehöre auch, sein Auto mal am Ortsrand zu parken und ein paar Minuten zum eigenen Grundstück zu gehen.
Auf die gegenwärtige Situation haben sich auch die Kinder und Jugendlichen des sozialpädagogischen Josefsheims eingestellt. Zwar sind im Moment gerade Pfingstferien, aber in diesen ganzen Wochen kann der Schulbus nicht mehr durch den Ort fahren. Deshalb müssen die Fahrgäste an einer Behelfshaltestelle vor der Ortszufahrt ein- und aussteigen und ihr Ziel zu Fuß erreichen. Kein Problem, wie zu hören ist.
anderer Anrainer der Dorfstraße freut sich vor allem darüber, dass die „unschönen Dachständer für die Stromkabel verschwinden“. Gut wäre es allerdings, wenn gleich schnelles Internet verlegt würde, regt er an.
Für die Dorferneuerung in Reitenbuch wird tief in die Geldtasche gegriffen. Das Projekt, das unter der Federführung des Amts für Ländliche Entwicklung Schwaben in Krumbach steht, schlägt mit rund 2,5 Millionen Euro zu Buche. Darin ist ein erheblicher Beitrag der Marktgemeinde Fischach enthalten. „Wir geben dort für den Straßenbau 700000 Euro, den Kanal 380000 Euro und die Verlegung der Leerrohre für zukünftige Breitbandversorgung mit Glasfaser 50000 Euro aus, insgesamt also 1,13 Millionen Euro“, schlüsselt Bürgermeister Peter Ziegelmeier auf.
Nicht vergessen darf man jedoch, dass die Reitenbucher Bürger ebenfalls eine nicht unerhebliche Geldsumme aufbringen müssen, nämlich die Bezahlung von Straßenausbaubeiträgen. „Damit leisten die Bewohner neben der Gemeinde einen erheblichen Beitrag zur NeugestalEin tung ihres Ortsteils“, so das Fazit des Gemeindeoberhaupts. Diesen Beitrag bezeichnen viele Bürger dann auch als Wermutstropfen. Der Anlieger der Dorfstraße schätzt, dass er mit rund 10000 Euro zur Kasse gebeten werde. Erhard Achstaller nennt den Beitrag, ohne eine Summe zu nennen, „happig“. Vor allem für Rentner sei dies ein Problem. In einer ganz anderen Größenordnung bewegt sich der Straßenausbaubeitrag bei Landwirt Andreas Steger. Er sei, nach eigenen Worten, mit rund 100 000 Euro dabei.
Dennoch freuen sich die von uns angesprochenen Anwohner. Das Projekt sei ein Plus für den Ort, eine Verschönerung und Aufwertung, heißt es unisono. „Ein Gewinn von Lebensqualität und Werterhöhung der Grundstücke“, resümiert der Anrainer der Dorfstraße. Reitenbuch profitiere von den Investitionen, ist sich Landwirt Andreas Steger sicher. Die „Leidenszeit“für die schmutz- und lärmgeplagten Anlieger dauert aber noch an. Wenn alles nach Plan verläuft, wird die Großbaustelle zum Jahresende fertiggestellt.