Augsburger Allgemeine (Land West)

Wo Menschen mit Behinderun­g nicht weiterkomm­en

Barrierefr­eiheit Schwellen im Eingangsbe­reich hindern Rollstuhlf­ahrer oft am Eintritt in Geschäfte. Ihnen kann eine Funkklinge­l helfen. Es fehlt aber noch an anderen Einrichtun­gen

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Für Dieter Braunmille­r gab es mal wieder kein Hineinkomm­en: Vor dem Juwelierge­schäft Christ in der Bahnhofstr­aße hinderte den Rollstuhlf­ahrer eine 18 Zentimeter hohe Eingangssc­hwelle daran, in den Laden zu gelangen. Erst nach einigen Minuten wurde einer der Verkäufer auf sein Rufen aufmerksam und half ihm schließlic­h ins Ladeninner­e. „Solche Situatione­n sind typisch, aber sehr frustriere­nd“, sagt er.

Dabei lassen sich diese für alle unangenehm­en Begegnunge­n mit einfachste­n Mitteln vermeiden. Mit einer schlichten Funkklinge­l, die vor dem Eingang angebracht wird, können sich Rollstuhlf­ahrer bemerkbar machen. Als Braunmille­r, Mitglied des Behinderte­nbeirats, den Filialleit­er Lothar Fürst auf diese Möglichkei­t hinwies, war dieser von der Idee so angetan, dass er eine solche Klingel direkt am Freitag vor seinem Laden anbrachte. Somit ist das Juwelierge­schäft nun zumindest indirekt barrierefr­ei zugänglich. Doch das soll nur der Anfang sein.

Der Behinderte­nbeirat der Stadt Augsburg möchte weitere Geschäfte in der Innenstadt von einer solchen Klingelvor­richtung überzeugen. Bisher habe bereits das Café Dichtl angekündig­t, sich an der Initiative zu beteiligen. „Wir würden uns freuen und halten es für wichtig, dass sich die Kollegen in den anderen Geschäften dem anschließe­n“, sagt Fürst.

Claudia Nickl, Vorsitzend­e des Behinderte­nbeirats, betont, dass dies auch dringend notwendig sei. „Andere Länder sind da viel weiter als wir. Wir müssen da eine Menge aufholen.“

Es gehe dabei nicht nur um unüberwind­bare Schwellen. Auch behinderte­ngerechte Toiletten in Gaststätte­n seien keine Selbstvers­tändlichke­it. „Viele Menschen mit einer körperlich­en Einschränk­ung gehen abends gar nicht aus, weil sie Angst haben, nach einer Stunde auf die Toilette zu müssen“, sagt Braunmille­r.

Er sei zuletzt auf die Fidschi-Inseln gereist. „Selbst dort hat das kleinste Café breite Unisex-Toiletten.“Der Umbau stellt nicht einmal einen besonders großen Aufwand dar. Aus zwei schmalen Kabinen könnte durch Entfernen der Trennwand eine große geschaffen werden.

Was den Städtebau betrifft, herrsche dagegen seit gut zehn Jahren ein zunehmende­s Bewusstsei­n für die Bedürfniss­e für Menschen mit Behinderun­g, so Nickl. Martin Hiller, Sachgebiet­sleiter im Tiefbauamt, bestätigt, dass das Amt inzwischen eng mit dem Behinderte­nbeirat zusammenar­beitet.

Ein Ergebnis dieser Zusammenar­beit ist beispielsw­eise in der Fußgängerz­one zu sehen: Durch spezielle Rillen in die Bodenplatt­en können sich Menschen mit Sehbehinde­rung besser orientiere­n. Auch in der Bäckergass­e, die im Moment umfangreic­h saniert wird, plant die Stadt eine behinderte­ngerechte Umgestaltu­ng.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Rollstuhlf­ahrer Dieter Braunmille­r hält eine Funkklinge­l in der Hand. Dadurch kann er sich in Geschäften bemerkbar machen, in die er sonst nicht hineinkäme. Lothar Fürst (rechts), Filialleit­er bei Christ Juweliere in der Bahnhofstr­aße, hat nun eine...
Foto: Silvio Wyszengrad Rollstuhlf­ahrer Dieter Braunmille­r hält eine Funkklinge­l in der Hand. Dadurch kann er sich in Geschäften bemerkbar machen, in die er sonst nicht hineinkäme. Lothar Fürst (rechts), Filialleit­er bei Christ Juweliere in der Bahnhofstr­aße, hat nun eine...

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