Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo Menschen mit Behinderung nicht weiterkommen
Barrierefreiheit Schwellen im Eingangsbereich hindern Rollstuhlfahrer oft am Eintritt in Geschäfte. Ihnen kann eine Funkklingel helfen. Es fehlt aber noch an anderen Einrichtungen
Für Dieter Braunmiller gab es mal wieder kein Hineinkommen: Vor dem Juweliergeschäft Christ in der Bahnhofstraße hinderte den Rollstuhlfahrer eine 18 Zentimeter hohe Eingangsschwelle daran, in den Laden zu gelangen. Erst nach einigen Minuten wurde einer der Verkäufer auf sein Rufen aufmerksam und half ihm schließlich ins Ladeninnere. „Solche Situationen sind typisch, aber sehr frustrierend“, sagt er.
Dabei lassen sich diese für alle unangenehmen Begegnungen mit einfachsten Mitteln vermeiden. Mit einer schlichten Funkklingel, die vor dem Eingang angebracht wird, können sich Rollstuhlfahrer bemerkbar machen. Als Braunmiller, Mitglied des Behindertenbeirats, den Filialleiter Lothar Fürst auf diese Möglichkeit hinwies, war dieser von der Idee so angetan, dass er eine solche Klingel direkt am Freitag vor seinem Laden anbrachte. Somit ist das Juweliergeschäft nun zumindest indirekt barrierefrei zugänglich. Doch das soll nur der Anfang sein.
Der Behindertenbeirat der Stadt Augsburg möchte weitere Geschäfte in der Innenstadt von einer solchen Klingelvorrichtung überzeugen. Bisher habe bereits das Café Dichtl angekündigt, sich an der Initiative zu beteiligen. „Wir würden uns freuen und halten es für wichtig, dass sich die Kollegen in den anderen Geschäften dem anschließen“, sagt Fürst.
Claudia Nickl, Vorsitzende des Behindertenbeirats, betont, dass dies auch dringend notwendig sei. „Andere Länder sind da viel weiter als wir. Wir müssen da eine Menge aufholen.“
Es gehe dabei nicht nur um unüberwindbare Schwellen. Auch behindertengerechte Toiletten in Gaststätten seien keine Selbstverständlichkeit. „Viele Menschen mit einer körperlichen Einschränkung gehen abends gar nicht aus, weil sie Angst haben, nach einer Stunde auf die Toilette zu müssen“, sagt Braunmiller.
Er sei zuletzt auf die Fidschi-Inseln gereist. „Selbst dort hat das kleinste Café breite Unisex-Toiletten.“Der Umbau stellt nicht einmal einen besonders großen Aufwand dar. Aus zwei schmalen Kabinen könnte durch Entfernen der Trennwand eine große geschaffen werden.
Was den Städtebau betrifft, herrsche dagegen seit gut zehn Jahren ein zunehmendes Bewusstsein für die Bedürfnisse für Menschen mit Behinderung, so Nickl. Martin Hiller, Sachgebietsleiter im Tiefbauamt, bestätigt, dass das Amt inzwischen eng mit dem Behindertenbeirat zusammenarbeitet.
Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist beispielsweise in der Fußgängerzone zu sehen: Durch spezielle Rillen in die Bodenplatten können sich Menschen mit Sehbehinderung besser orientieren. Auch in der Bäckergasse, die im Moment umfangreich saniert wird, plant die Stadt eine behindertengerechte Umgestaltung.