Augsburger Allgemeine (Land West)

Prozess um Bestechung bei der Bahn

Justiz Das Augsburger Amtsgerich­t verurteilt drei Beteiligte. Sie bestreiten ihre Schuld. Ein Bauunterne­hmer liefert dabei eine kuriose Erklärung für ein verräteris­ches Telefonat

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Das Wort „schmieren“hat eine vielfältig­e Bedeutung. Man schmiert ein Getriebe, damit die Räder gut laufen. Oder die Geschäfte. Das nennt man dann Korruption. Die Justiz spricht von Bestechlic­hkeit und Bestechung. Ein Korruption­sfall, bei dem es um ein nicht allzu großes Schmiergel­d ging, der aber eine ungewöhnli­che Entstehung­sgeschicht­e hat, beschäftig­te nun das Amtsgerich­t. Im Mittelpunk­t: ein Bauleiter, 50, bei der Deutschen Bahn, ein kleiner türkischer Bauunterne­hmer, 45, und ein bei der Bahn angestellt­er, in der Türkei geborener Gleisbauer, 44, der häufig als Dolmetsche­r fungierte.

Ende 2011 ermittelte die Münchner Staatsanwa­ltschaft verdeckt gegen Justizbeam­te des Gefängniss­es München-Stadelheim, weil dort angeblich immer wieder Drogen und Handys in den Knast geschmugge­lt worden sein sollen. Dabei wurden auch zahlreiche Telefone abgehört. Wie auch immer geriet dabei – wohl eher zufällig – auch ein Gespräch des türkischen Geschäftsm­annes mit seinem bei der Bahn beschäftig­ten Landsmann in den Fokus der Fahnder. Beide unterhielt­en sich in türkischer Sprache. Dabei soll der Gleisbauer quasi als Vermittler für seinen Chef, den Bauleiter, aufgetrete­n sein und gesagt haben, dieser erwarte „ein Geschenk unter der Hand“– 1000 oder 1500 Euro. Als Gegenleist­ung für Aufträge.

Die Ermittler hörten dann, wie der Bauunterne­hmer antwortete: „In Ordnung, lass uns ein Geschenk geben, das ist kein Problem. Hoffentlic­h wird die Zukunft gut sein.“Der Unternehme­r soll dann „1000 Lira“, gemeint waren offenbar 1000 Euro, in Aussicht gestellt haben. Bestechung, so hatte der Vermittler noch gesagt, sei „normal, das gebe es überall“.

Die Münchner Anklagebeh­örde sah schließlic­h Verdachtsm­omente für Korruption, durchsucht­e Wohnungen der im Raum Augsburg lebenden Beschuldig­ten und Büroräume der Bahntochte­rfirma „DB Bahnbau Gruppe GmbH“. Der beim Bahnkonzer­n beschäftig­e Bauleiter, der angeblich das Schmiergel­d für weitere Aufträge gefordert haben soll, bestritt heftig.

Es stellte sich zwar heraus, dass er für das Bahnuntern­ehmen 69 Einzelrech­nungen des türkischen Kleinunter­nehmers über insgesamt rund 30 000 Euro geleistete Arbeiten abgezeichn­et hatte; Belege, dass er von dem Geschäftsp­artner auch tatsächlic­h Schmiergel­d erhalten hatte, fanden sich jedoch nicht. Was bei dem Strafvorwu­rf der Bestechlic­hkeit auch nicht entscheide­nd ist. Denn die Forderung allein erfüllt schon den Straftatbe­stand.

In die Abteilung „Märchen aus 1001 Nacht“stuften die Ermittler die Aussage des türkischen Unternehme­rs ein, der das Telefonges­präch im Dezember 2011 mit seinem Landsmann – im Übrigen das einzige Beweismitt­el in dem Bestechung­sfall – ernsthaft mit einem Gespräch unter Männern über einen „Puffbesuch“zu erklären versuchte. Man habe „verschlüss­elt“miteinande­r über einen Besuch in einem Bordell gesprochen. Grund für die Häufung von Codewörter­n sei die Ehefrau des Gleisbauer­s gewesen, die das Telefonat in der Nähe mitgehört habe. Sie habe keinen Verdacht schöpfen sollen.

Der Gleisbauer wiederum gab an, alles sei doch nur ein „Spaß“gewesen. Den Aussagen der Beschuldig­ten glaubte die Staatsanwa­ltschaft freilich nicht und klagte den Bauleiter der Bestechlic­hkeit, den Kleinunter­nehmer der Bestechung und den Vermittler der Beihilfe dazu an.

In einem mehrtägige­n Prozess vor einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Michael Edelmann bestritt das Trio (Verteidige­r: Michael Menzel, Marco Müller und Marcus Klopfer) wiederum alle Vorwürfe. Das Gericht schlug sich am Ende auf die Seite der Anklagebeh­örde.

Das Urteil: acht Monate auf Bewährung für den Bauleiter der Bahn, 14 Monate Gefängnis (eine andere Strafe wurde mit einbezogen) für den Unternehme­r. Der Vermittler kam mit einer Geldstrafe von 1200 Euro davon. Der Fall wird in der Berufungsi­nstanz vor dem Landgerich­t noch einmal verhandelt.

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