Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Bahnhofstraße war eine Hotelmeile
Gastronomie Das Hotel Drei Kronen verschwand 1971. Einst gab es dort Livemusik unter Kastanien und Kleinkunst im Saal. Welche weiteren Herbergen Geschäftsbauten weichen mussten
Innenstadt
Nur Postkarten und Fotos sind als Erinnerung an das gediegene Hotel „Drei Kronen“und an seinen beliebten Kastaniengarten geblieben. Bahnhofstraße 17 war die Anschrift, die aber niemand benötigte - „Drei Kronen“war seit 1855 ein fester Begriff. In diesem Jahr hatte Anton Ott, Wirt der Bierschenke „Pferseer Gäßchen“, den Namen der „Weinwirtschaft zu den drei Kronen“, Litera F 15 an der Frauentorstraße, gekauft und ihn auf seine Wirtschaft in Bahnhofsnähe übertragen.
Der Grund: 1846 war der neue Hauptbahnhof fertiggestellt, 1851 wurde das Pferseer Gäßchen in Bahnhofstraße umbenannt. Der alte Name der Wirtschaft war also überholt. Sie wandelte sich zum Gasthof „Zu den drei Kronen“. Die Bezeichnung „Gasthof“bedeutete, dass es darin nun auch Gästezimmer gab. Über zwölf verfügte der 1828 als Schankwirtschaft mit großem Garten im „Wegweiser für die Stadt Augsburg“aufgeführte Gastronomiebetrieb. Die zu diesem Zeitpunkt relativ einsam am Weg nach Pfersee gelegene Schänke befand sich nach Inbetriebnahme des Bahnhofs in einem Neubaugebiet: Zwischen Königsplatz und Bahnhof entstanden repräsentative Geschäftshäuser.
1879 erwarb der Gastronom Anton Baur den inmitten von Neubauten nicht mehr passenden Gasthof mit dem großen Kastaniengarten. Weder der Komfort noch die Größe waren zeitgemäß. Er ließ das alte Gebäude in hervorragender Geschäftslage abbrechen und 1880 an selber Stelle einen komfortablen „Gasthof“- so nannte sich das Hotel bis etwa 1900 - mit 56 Fremdenzimmern errichten. Zwischen 1894 und 1916 gab es mehrere Besitzerwechsel, dann kam das Hotel wie- der in die Hand der Gründerfamilie Baur. Sie renovierte zwischen 1927 und 1929 das Hotel und erweiterte es durch einen großzügigen Neubau auf 130 Betten.
„Drei Kronen“zählte zu den besten Beherbergungsbetrieben der Stadt, auch die lange Tradition als Gartenwirtschaft wurde stets fortgeführt. Eine bunte Lithografie von 1898 vermittelt einen Eindruck vom sommerlichen Gartenbetrieb mit Blasmusikern auf dem Podium. Gediegen gekleidetes Publikum hat unter Kastanien Platz genommen.
Ein eiserner Zaun schirmt zwar den Garten gegen die Bahnhofstraße ab, lässt aber den freien Durchblick zu. Neben der Freiluftunterhaltung lockten in den 1920er und 1930er Jahren das gepflegte Restaurant und eine Kleinkunstbühne viele Augsburger an.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Ge- bäude und Garten durch die oftmaligen Luftangriffe auf das nahe Bahnhofsareal in Mitleidenschaft gezogen. Das Rückgebäude war 1945 schwer beschädigt. Besitzer Josef Baur setzte das Hotel rasch wieder instand, doch er konnte darüber jahrelang nicht verfügen: Die Amerikaner beschlagnahmten „Drei Kronen“und gaben es erst im Oktober 1949 wieder frei. Nach einer Renovierung konnte erst im Februar 1950 der Hotelbetrieb wieder anlaufen.
Auch das Kabarett im Saal und die musikalische Tradition wurden wiederbelebt. „Täglich Konzert“ist auf einer Postkarte von 1954 über der Einfriedung zu lesen. Die Unterhaltungssparte des gastronomischen Unternehmens florierte, die Frequenz des Hotelbetriebs ließ im Laufe der 1960er Jahre jedoch zu wün- schen übrig. 1968 schloss Josef Baur sein „Drei Kronen“zum Bedauern vieler Stammgäste.
Es erging dem Hotelbetrieb nicht anders als dem renommierten „Bayerischen Hof“am Königsplatz, Bahnhofstraße 3 (jetzt LEWHaus), dem „Union“(Bahnhofstraße 28) und dem „Viktoria“an der Ecke zur Viktoriastraße: Diese Hotels wurden nicht von Bomben zerstört, sondern mussten später Geschäftsneubauten weichen. Das „Drei Kronen“wurde 1970 verkauft und 1971 abgebrochen. Seit 1972 nimmt ein von den unterschiedlichsten Branchen genutztes Vielzweckgebäude den Platz von „Drei Kronen“ein. Die einstige Hotelmeile Bahnhofstraße gibt es nicht mehr.
Dieser Straßenzug hat nach dem Zweiten Weltkrieg sein architektonisches Gesicht an vielen Stellen gewandelt.
Die Platzverschwendung für einen Biergarten wie jenen des „Drei Kronen“-Hotels ist angesichts der jetzigen Grundstückspreise an der Bahnhofstraße heutzutage nicht mehr vorstellbar.