Augsburger Allgemeine (Land West)
Sie übernehmen, wenn es schwierig wird
Projektmanagement Das Augsburger Unternehmen Leitwerk hat sich in der Baubranche den Ruf des Retters erarbeitet. Bei einem aktuellen Großprojekt lehnten aber selbst die Profis dankend ab. Was sie in Augsburg vorhaben
Am Anfang von Großprojekten steht oft der tolle Entwurf eines Architekten und es gibt eine Kostenschätzung – manchmal auch eine grobe Kostenkalkulation. Doch wenn es an die Realisierung geht, steigen die Kosten, es gibt diverse Probleme und der Fertigstellungstermin schiebt sich immer weiter nach hinten. Das passiert etwa im Großen, wie bei der Elbphilharmonie in Hamburg. Möglich ist es aber auch im Kleinen, beispielsweise beim Augsburger Hauptbahnhof oder dem Curt-Frenzel-Stadion. Dass es besser läuft, dafür sorgt bei vielen Großprojekten die Firma Leitwerk, deren Firmensitz sich im Augsburger Stadtteil Hochfeld befindet. Die Firma bietet unter anderem Bauüberwachung und Projektmanagement an.
Obwohl Augsburgs größtes Ingenieurbüro an vielen Großprojekten mitgearbeitet hat, ist die Firma mit ihren rund hundert Mitarbeitern vergleichsweise wenigen bekannt. Zu den Kunden gehören unter anderem die Deutsche Bahn, die Allianz und verschiedene Hotels. Kürzlich erst hat Leitwerk Aufträge für Fünf-SterneHotels am Stachus und in der Leopoldstraße in München erhalten.
Im Einsatz waren die Mitarbeiter auch bei Münchens vermutlich teuerster Adresse: dem Immobilienprojekt „The Seven“im Glockenbachviertel: In einem ehemaligen städtischen Heizkraftwerk entstanden Luxus-Eigentumswohnungen, die laut Medienberichten teils mehrere Millionen Euro gekostet haben sollen. Bei dem Projekt übernahm die Augsburger Firma neben dem klassischen Leistungsspektrum auch die Kundenbetreuung. 35 Mitarbeiter wurden abgeordnet, zwölf beschäftigten sich ausschließlich mit den Kundenwünschen.
„Wir mussten beispielsweise eine Lösung für die Tiefgarage erarbeiten, weil ein Kunde seine 38 liebsten Autos dort unterstellen wollte“, sagt Leitwerk-Geschäftsführer Peter Weis, der das Unternehmen mit Sascha Dragone leitet. Ein anderer Kunde wollte, dass die Luft in einem Raum seiner Wohnung gefiltert wird, sodass der Sauerstoffgehalt dort anders ist als im Rest der Wohnung. Er wollte dort einen Fitnessraum einrichten. „Solche Aufgaben sind natürlich ungewöhnlich und wir müssen dann auch erst mal unsere Netzwerke bemühen, um eine Firma zu finden, die so etwas kann“, sagt Weis, der an der Hochschule Augsburg Bauingenieurwesen studiert hat.
Einen Namen hat sich Leitwerk aber damit gemacht, schwierige Projekte zu retten. Alles begann 1997, zwei Jahre nach der Firmengründung, mit einem Projekt in Leipzig. Der Konzern „Bilfinger Berger“beauftragte sie mit dem Projektmanagement für einen Wohnkomplex mit 500 Wohneinheiten. Viele andere Ingenieurbüros hatten da schon abgewunken. „Der Rückstand hinter dem Zeitplan war eklatant, aber wir haben es geschafft, die Maßnahme wieder in die Spur zu bringen“, sagt Weis. Der Lohn: Sie seien in der Branche als „Feuerwehrmann“herumgereicht worden, so der Geschäftsführer.
Löschen sollten sie auch bei Deutschland bekanntester Baustelle: dem neuen Berliner Flughafen. Doch trotz der Erfahrung aus vielen Jahren lehnten die Verantwortlichen von Leitwerk dankend ab. „Es geht dabei nicht um das Projekt an sich, sondern um die Beteiligten. Projekte zu retten, geht nicht, ohne unpopuläre Entscheidungen zu treffen und diese schnell umzusetzen. Das ist mit Politikern als Partner aber schwierig“, so Weis.
Das Augsburger Unternehmen bekommt immer einen vorher ausgehandelten prozentualen Anteil der Bausumme, die meist zwischen 50 und 150 Millionen Euro liegt. Der Jahresumsatz von Leitwerk beträgt etwa sechs Millionen Euro.
Bislang war die Firma vor allem in Metropolen aktiv, weil es dort mehr Großprojekte gab. Wegen der dortigen Preise orientieren sich Investoren aber zunehmend auch Richtung Augsburg, sodass Leitwerk nun auch hier Projekte betreut. Sie wurden unter anderem für das Helio-Center am Hauptbahnhof (ehemals Fuggerstadtcenter) engagiert, wo es ebenfalls Verzögerungen und Probleme mit der vorherigen Bauleitung gab. Dort wird sich künftig ein Kunde einmieten, für den Leitwerk in München schon mehrfach tätig war: das InternetVergleichsportal Check 24. „Sie können in München am jetzigen Standort nicht mehr ausreichend erweitern. Wir haben ihnen empfohlen, zu schauen, wie viele ihrer Mitarbeiter aus Augsburg kommen. Die Firma hat dann beschlossen, es hier zu probieren und 2000 Quadratmeter im Helio-Center anzumieten“, so Weis.
Die Verantwortlichen wollen auch in Augsburg ein Großprojekt für 45 Millionen Euro realisieren Dafür wurde die Firma Audax gegründet. Vorgesehen sind im Innovationspark an der B17 insgesamt 16 000 Quadratmeter Bürofläche. „Es gibt in Augsburg viel zu wenig Büroflächen. Wir haben bereits 20 Mietanfragen für das Gebäude“, so Weis. Vorgesehen sind auch eine Gastronomie sowie Räumlichkeiten für Kongressveranstalter, denen der Kongress am Park zu groß ist.