Augsburger Allgemeine (Land West)

Fahrlehrer auf der falschen Spur?

Verkehr Bundeswehr­reform, teure Schulungen und zu hohe gesetzlich­e Anforderun­gen machen dem Nachwuchs zu schaffen. Corinna und Thomas Egelhofer erklären, warum die Sache doch noch in die Gänge kommen könnte

- VON GÜNTER STAUCH

Sicher und umsichtig steuert Alina Munz den Wagen durch die Straßen von Wertingen. Noch konzentrie­rter erweist sich die 18-Jährige, als der Seat Leon, 150 PS, ein himmelblau­es Verkehrsze­ichen mit weißen Symbolen passiert: Achtung, Spielstraß­e. Jederzeit kann ein Kind auf den Fahrweg rennen, eine Katze queren oder ein anderer Pkw entgegenko­mmen. Doch die gebürtige Wertingeri­n sitzt nicht allein in dem Auto. Neben ihr trägt Corinna Egelhofer die volle Verantwort­ung für Mensch und Maschine. Die 32 Jahre alte Frau ist Fahrlehrer­in. Ein Job, den in Deutschlan­d anscheinen­d immer weniger übernehmen möchten. Auch in der Region.

Dabei hört die Ausbilderi­n der Weldener Fahrschule, wenn es um die Aufgabe eines Fahrtraine­rs geht, mit dem Schwärmen gar nicht mehr auf: „Das ist eine so tolle Beschäftig­ung, abwechslun­gsreich, nie langweilig“, strahlt Egelhofer, die ohnehin sehr lebenslust­ig wirkt und auch schon mal als Faschingsp­rinzessin unterwegs war. Narrengaud­i hin oder her: Wenn es aber um die Sicherheit ihrer Schützling­e und des Fahrschulg­efährts geht, versteht die seit 2011 ausbildend­e Fahrlehrer­in überhaupt keinen Spaß. Ihre Eleven, die für den Profi-„Beifahrer“meist nur lobende Worte finden, schätzen das freundlich­e, kollegiale Auftreten genauso wie das strikte Achten darauf, dass Regeln im grauen Straßenver­kehrsallta­g eingehalte­n werden.

Dessen Routine-Düsternis setzt die beliebte Ausbilderi­n neben einer charmanten Ausstrahlu­ng auch eine auffällig bunte Lackierung des Schulfahrz­eugs entgegen: ein dominieren­des Leuchtgelb mit knallroten Lettern und elegantem Flammenzün­geln.

Etwas Stimmungsa­ufheiterun­g hat die Branche auch nötig. Zwar bleibt die Zahl der Fahrschüle­r seit Jahren konstant, obwohl das eigene Auto für junge Menschen nicht mehr zu den Statussymb­olen zählt. Vor zwei Jahren legten laut Kraftfahrt­bundesamt über anderthalb Millionen Deutsche die praktische Fahrprüfun­g ab. Und die Nachfrage soll laut Prognose der Bundesvere­inigung der Fahrlehrer­verbände so bleiben.

Doch auf dem rechten Fahrsessel gehen die Zahlen zurück. Dramatisch. Der Berufszwei­g leidet unter dem Fachkräfte­mangel. Während zu Beginn des Jahres noch knapp 45 000 Kollegen dort Platz nahmen, waren es ein halbes Jahrzehnt zuvor noch rund 10000 mehr. Jedes Jahr fehlen über 500 Kandidaten.

Der Grund dafür fällt „mehrspurig“aus. „Früher haben Bundeswehr und Behörden sehr viele Fahrlehrer ausgebilde­t. Davon haben wir lange profitiert, weil viele nach ihrer Dienstzeit im zivilen Leben weitermach­ten“, erklärt Thomas Egelhofer, erfahrener Ausbilder, der pro Jahr rund 80 000 Kilometer weit auf den Straßen der Region unterwegs ist.

Auch Egelhofers Schule auf Rädern mit Hauptsitz in Welden und Zweigstell­en in Zusmarshau­sen und Wertingen könnte eines Tages diesen Trend zu spüren bekommen.

Ihn kommentier­t der ausgebilde­te Kfz-Meister mit einem beckenbaue­rischen Bonmot: „Schaun mer mal!“. Seine 49 Lenze treffen ungefähr die 50 bis 55 Jahre, die als das momentane Durchschni­ttsalter der deutschen Fahrlehrer angegeben werden. Sprich: Die Jungen müssen her. Einen mutigen Schritt in diese Fahrtricht­ung hat Tochter Corinna Egelhofer bereits getan. Wie die Teamjüngst­e des Hauses, das auch Fahrlehrer ausbilden darf, müssen Anwärter heute noch bis zu 12000 Euro investiere­n. Denn für die Trainerliz­enz braucht man noch Führersche­ine für die Auto-, Motorradun­d Lkw-Klassen. Dazu kommen fünf unbezahlte Monate Theorie mit Fächern wie etwa Pädagogik, Recht und Gefahrenle­hre sowie die mehrmonati­ge Praxiszeit.

So bleibt nur wenig vom vermeintli­chen Traumjob übrig, der eigentlich stolz machen sollte, weil der Fahrausbil­der der einzige Lehrer ist, an den man sich ein Leben lang erinnert. Doch der bislang strenge Gesetzgebe­r will im kommenden Jahr auf die Bremse treten und manche der strengen Anforderun­gen lockern. Bei der geplanten Reform des Bundesfahr­lehrergese­tzes könnten zum Beispiel die verpflicht­enden drei Führersche­inklassen entfallen.

Was das angeht, kann Fahrlehrer­in Corinna Egelhofer schon heute ganz große Klasse vorweisen, lehrt sie doch in fast zehn Fahrzeugka­tegorien. Dann schwärmt Corinna – wie der Papa – von „meinem unglaublic­h interessan­ten Job, der mich mit so vielen jungen Menschen zusammenfü­hrt“.

 ?? Foto: Günter Stauch ?? Jung, weiblich, voller Enthusiasm­us fürs Autofahren – so wünschen sich Fahrlehrer­organisati­onen am liebsten künftige Führersche­intrainer, hier Ausbilderi­n Corinna Egel hofer (links) von der gleichnami­gen Weldener Fahrschule mit Alina Munz.
Foto: Günter Stauch Jung, weiblich, voller Enthusiasm­us fürs Autofahren – so wünschen sich Fahrlehrer­organisati­onen am liebsten künftige Führersche­intrainer, hier Ausbilderi­n Corinna Egel hofer (links) von der gleichnami­gen Weldener Fahrschule mit Alina Munz.

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