Augsburger Allgemeine (Land West)

Edler Ritter und schöner Verlierer

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Der Mensch strebt zum Guten und Schönen. Das Schöne gibt es gelegentli­ch schon mit in die Wiege gelegt. Das Gute zu erlangen aber ist harte Arbeit. Am härtesten wird es für den, dem die Welt den Beinamen „der Schöne“verliehen hat und ihn losschickt, die Finsternis zu bekämpfen.

Von ihr gefangen war Ende des Jahrtausen­ds die deutsche Fußball-Nationalel­f. Der edle Ritter, der sie befreien sollte, hieß Erich Ribbeck. Ein grau melierter Ruheständl­er, von den Medien zum Sir erhoben, der auf Teneriffa Teint und Frisur pflegte. Die Rettung schlug fehl. Die Euro 2000 geriet für Ritter Erich und seine Mannen zum Desaster. Nichts, das weder gut noch schön war. Am Ende seiner Amtszeit war Sir Erich der erfolglose­ste Teamchef der DFB-Geschichte. Als solcher zog er sich wieder auf seine Insel zurück.

Geblieben ist die Erinnerung an einen schönen Verlierer, der auch im Untergang noch eine gute Figur abgegeben hat. Ribbeck hätte damals etliche Gründe gehabt, gegen seinen Arbeitgebe­r nachzutret­en. Beispielsw­eise, dass der Deutsche Fußball-Bund es versäumt hatte, ein konkurrenz­fähiges System der Talentförd­erung zu entwickeln und sich dabei nicht auf das Glück zu verlassen, das ihn lange üppig bedacht hatte und mit dem Ende der Ära Berti Vogts verließ. Ribbeck behielt das für sich. Er konnte damit leben. Ein feiner Kerl, wie sein literarisc­her Wesensbrud­er.

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, / Ein Birnbaum in seinem Garten stand, …

Und kam in Pantinen ein Junge daher, / So rief er: „Junge, wiste ’ne Beer?“/ Und kam ein Mädel, so rief er: „Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick hebb ’ne Birn.“/ So ging es viel Jahre, bis lobesam / Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam. …

Da sagte von Ribbeck: „Ich scheide nun ab. / Legt mir eine Birne mit ins Grab.“… Der neue freilich, der knausert und spart, / Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt. / Aber der alte, vorahnend schon / Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn, / Der wußte, was damals er tat, / Als um eine Birn’ ins Grab er bat, / Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus / Ein Birnbaumsp­rößling sproßt heraus … Und kommt ein Jung’ übern Kirchhof her, / So flüstert’s im Baume: „Wiste ’ne Beer?“… (Fontane)

Und Sir Erich? Wird heute 80. Ein künstliche­s Hüftgelenk; Surfen geht jetzt nicht mehr. Ansonsten alles gut und schön. Glückwunsc­h!

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Foto: dpa Erich Ribbeck im Jahr 2000 als Trainer der deutschen Nationalel­f.
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