Augsburger Allgemeine (Land West)

Proteste gegen den Eintritt hört man kaum noch

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der schwierige­n wirtschaft­lichen Lage: Die älteste Sozialsied­lung der Welt sei in ihrer Existenz bedroht, wenn man nicht neue Einnahmequ­ellen erschließe.

Inzwischen wurden die Preise mehrmals erhöht, Proteste allerdings hört man selbst von Einheimisc­hen kaum noch. Das mag daran liegen, dass die Fuggerei das Geld sichtbar reinvestie­rt: Heizungsan­lagen, Dächer, Stromansch­lüsse und Fenster der 67 Häuser wurden in den vergangene­n Jahren sukzessive erneuert. Den laufenden Unterhalt für die Fuggerei bezifferte Stiftungsa­dministrat­or Wolf-Dietrich Graf von Hundt vor einiger Zeit auf rund 500 000 Euro jährlich – ohne Renovierun­gen. Geld, das irgendwohe­r kommen muss, denn die 150 Bewohner zahlen jeweils nur 88 Cent Euro Miete kalt pro Jahr. Es ist der Preis, den Fuggerei-Gründer Jakob Fugger im Jahr 1521 festlegte. Wie im Stiftungsz­weck beschriebe­n, hat sich die Summe in 500 Jahren nie erhöht.

Die Zahl der Besucher ist erst seit der Einführung der Eintrittsp­reise messbar. Seitdem allerdings hat sie sich laut Auskunft von Fuggerei- Sprecherin Astrid Gabler stetig erhöht: Rund 200 000 Besucher pro Jahr kommen im Schnitt – Tendenz weiter steigend. Die Fuggerei profitiert damit von der allgemeine­n Zunahme an Touristen in Augsburg; und natürlich vom eigenen Bekannthei­tsgrad. Denn wer nach Augsburg reist, kommt mit ziemlicher Sicherheit auch in die Sozialsied­lung. Sie ist eine der bekanntest­en Sehenswürd­igkeiten der Stadt.

Bis zum Jahr 2021, wenn die Fuggerei ihr 500-Jähriges feiert, soll sich die Zahl der Besucher weiter erhöhen. Die Fugger’schen Stiftungen arbeiten bereits an entspreche­nden Marketings­trategien. „Die Einnah- aus dem Tourismus sind für uns sehr wichtig“, sagt Gabler. Sie machen rund ein Viertel aller Einnahmen der Stiftung aus. Der Rest kommt aus der Wald- und Forstwirts­chaft. Die allerdings wirft keine kontinuier­lichen Erträge ab: In Jahren, in denen Stürme oder Schädlinge dem Forst zusetzen, drohte die Stiftungen zuletzt immer wieder in Schieflage zu geraten. Doch sie hat nun einmal eine Verantwort­ung gegenüber ihren Bewohnern.

Dennoch lassen sich die Besucherza­hlen in der Fuggerei nicht ohne Ende steigern. Denn die Stadt mit ihren ockerfarbe­nen Häuschen ist kein Museum, sie ist eine Wohnanlage, deren Bewohner auch ein Recht auf Privatsphä­re haben. Die Fugger’schen Stiftungen haben diesen Spagat bislang gut gemeistert. In den vergangene­n Jahren haben sie zudem Wege gefunden, um die Bewohner nicht nur finanziell durch günstigen Wohnraum zu stützen, sondern sie auch sozial anzubinden. In einer Gesellscha­ft, in der sozial schwache Menschen immer mehr zu vereinsame­n drohen, ist dies ein wichtiger Aspekt.

Die meisten Touristen kommen übrigens aus dem englischsp­rachigen Raum, gefolgt von Italienern, Spaniern und Franzosen. Auswärtime­n gen die wahre Bedeutung der Fuggerei nahe zu bringen, ist nicht immer einfach. Deshalb arbeiten die Stiftungen auf ein noch umfassende­res Informatio­nssystem hin. Kenji und Sayuri Matsui konnten gestern aber schon vieles genau hinterfrag­en – zum Teil sogar auf Deutsch, denn Kenji Matsui hat vor der Abreise nach Deutschlan­d Vokabeln gepaukt. Die Jahreskart­e übrigens werden die beiden wohl als Andenken behalten. Das zweite Geschenk, einen Gutschein für das Restaurant „Tafeldecke­r“in der Fuggerei, konnten die beiden sofort einlösen. Augsburg ist schließlic­h nicht nur schön – es schmeckt auch ...

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Foto: Silvio Wyszengrad Kenji (links) und Sayuri Matsui aus Japan wurden gestern in der Fuggerei als zweimillio­nste Besucher empfangen. Stadthaupt­mann Gerhard Schlich überreicht­e ihnen eine Jahreskart­e, einen Blumenstra­uß und einen Gutschein für die „Tafeldecke­r“, das...

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