Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Kirchenbau­er

Jubiläum Als vor 35 Jahren in Bonstetten St. Stephan neu gebaut wurde, gab es auch viele Skeptiker. Ludwig Gebele und Anton Mayr erinnern sich, wie sie das Vorhaben trotzdem umsetzen konnten

- VON GÜNTER STAUCH

Bonstetten

Der Eingabepla­n aus dem Jahr 1980 im Maßstab 1:100 liest sich wie das nüchterne Konzept eines gewöhnlich­en Siedlungsp­rojekts: „Neubau eines Kirchensch­iffes mit Dienstwohn­gebäude, Jugendraum und Garagen.“Dann folgen Flurnummer, Bauherr und Grundstück­seigentüme­r sowie der Name des Architekte­n. Doch dieses Bauvorhabe­n war viel mehr. Nämlich „der neue Mittelpunk­t eines Ortes, an dem die gläubige Gemeinde Gottes Gnade und Großtat preist und sich selbst Kraft holt für den apostolisc­hen Auftrag in der Welt“. So formuliert­e es der damalige Bischof Josef Stimpfle, der zwei Jahre später zur Einweihung der neu errichtete­n Kirche St. Stephan nach Bonstetten kam. Das ist nun 35 Jahre her – Zeit, sich zu erinnern.

Unter den zahlreiche­n Gästen seinerzeit strahlte einer ganz besonders: Ludwig Gebele. Der gebürtige Bonstetter, der zu dieser Zeit das Amt des Kirchenpfl­egers ausübte, konnte in diesem Augenblick die Früchte seiner aufopferun­gsvollen „Lobby“-Arbeit für ein erneuertes Gotteshaus eingefahre­n sehen. Der rüstige, heute 91-Jährige gilt zwar nicht als Erbauer der Neukirche. Doch die jahrelange­n Bemühungen des sehr gläubigen Mannes und seiner Mitstreite­r stehen für die wichtigen Bausteine des Vorhabens, das von viel Skepsis begleitet wurde, jedoch dringend geboten schien.

Zwar hatte das alte Kirchengeb­äude lange hoch über dem Orts- kern gestanden und bei Denkmalexp­erten wegen des barockisie­rten gotischen Chores, des gotischen Turms und eines spätbarock­en Langschiff­es aus dem 18. Jahrhunder­t als stattliche­s und harmonisch­es Juwel gegolten. Doch der Zahn der Zeit setzte den meist aus dem Mittelalte­r bestehende­n Komponente­n sehr zu. Es wurde baufällig, im wahrsten Sinne des Wortes.

„Man hat hier sehr unter frostigen Temperatur­en gelitten, da konnte einem sogar das Taschentuc­h in der Tasche gefrieren“, erinnert sich Gebele heute nur zu gut an die unangenehm­en Begleiters­cheinungen des gealterten Sakralgebä­udes. Dennoch zählte dieses nach den Worten des Festredner­s Landrat Franz Xaver Frey „zu den wesentli- chen Faktoren des Zusammenha­lts in der örtlichen Gemeinscha­ft“. Freilich waren steife Textilien und Hände nicht die einzigen Motive, die den schon damals couragiert auftretend­en und gut vernetzten Ludwig Gebele für die Beendigung der schlechten Bausubstan­z trommeln ließen – im ganzen Ort und auch am Bischofssi­tz Augsburg. „Unserem Pfarrgemei­nderat war die Verbesseru­ng der baulichen Situation von Kirche und Pfarrhof in Bonstetten ein besonderes Anliegen“, begründet der damalige Vorsitzend­e Gebele die heftigen Aktivitäte­n des Laiengremi­ums, dessen Funktion erst nach dem Zweiten Vatikanisc­hen Konzil in den 1960er-Jahren überhaupt ermöglicht wurde. Zudem habe sich die ganze Gemeinde einen Neubau gewünscht, in dem man mit Chorgesäng­en und Konzerten Leben in ein besseres Gotteshaus bringen sollte.

Der längere und breitere Nachfolgeb­au stand dann nach nur knapp zwei Jahren. Die Nutzfläche für Kirchenrau­m, Sakristei und Vorraum stieg um das Dreieinhal­bfache. Die Idee, die Einweihung mit dem Kirchweihf­est am 17. Oktober 1982 zusammenzu­legen, stammte von Ludwig Gebele. Weil sich „Einzelkämp­fer“mit einem solchen Anliegen meist schwertun, hatte der noch heute quirlige Senior „Gott sei Dank“ebenso mutige wie engagierte Bürger wie den Pfarrgemei­nderatskol­legen Anton Mayr an seiner Seite.

Der 82-Jährige, eines von insgesamt sieben Ratsmitgli­edern und ebenfalls Liebhaber des fröhlichen und feierliche­n Gesangs, sitzt gemütlich am Tisch und lobt den langjährig­en Freund: „Bei dem Ganzen warst du die treibende Kraft“, unterstrei­cht der Bonstetter und weist darauf hin, dass dieser viele Jahre zugunsten der Sache stets auf seinen Urlaub verzichtet habe. Macherqual­itäten hatte der angesproch­ene Hobbytenor, auf dessen künstleris­ches Potenzial man auch während seiner Kriegsgefa­ngenschaft in England und den USA aufmerksam wurde, freilich auch in weltlicher Hinsicht unter Beweis gestellt: Zwei Wahlperiod­en lang führte Ludwig Gebele zwischen 1984 und 1996 die Amtsgeschä­fte des Ersten Bürgermeis­ters. Ein wahrer Diener Gottes und der Kommune.

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Foto: Günter Stauch Kennen sich aus den frühen Tagen des Pfarrgemei­nderats und dem Chor: der ehema lige Kirchenpfl­eger Ludwig Gebele (links) und Anton Mayr vor der Kirche St. Stephan Bonstetten.

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