Augsburger Allgemeine (Land West)
Die reine Faszination des Materials
Ausstellung Unter dem Motto „Entdecken, Recyclen, Bewahren“zeigen sieben Künstler in Oberschönenfeld ihre Werke Ausstellung: Neue Kunst aus alten Materialien in der Schwäbischen Galerie
Oberschönenfeld
Neues Leben für alte Materialien. Mit der Ausstellung „Entdecken, Recyclen, Bewahren – Material in der Kunst“ergänzt die Schwäbische Galerie Oberschönenfeld die derzeitige Sonderschau des Schwäbischen Volkskundemuseums „Sparen, verschwenden, wiederverwenden. Vom Wert der Dinge“um einen weiteren interessanten Aspekt.
Gezeigt werden in der Galerie Arbeiten von sieben Künstlern aus ganz Schwaben, die das Material in den Fokus ihrer Kunst stellen. Und das hat seinen geschichtlichen Hintergrund: „Nachdem vor einem Jahrhundert die Dadaisten alltäglichen Gegenständen mehr Aussagekraft zusprachen als den Farben, war der Weg für eine künstlerische Auseinandersetzung mit Materialien aller Art geebnet“, sagt Mechthild Müller-Hennig, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Volkskundemuseum und der Schwäbischen Gale- rie. Seitdem finden Künstler in aller Welt neue Aussagemöglichkeiten mit verschiedensten Materialien.
Die Ausstellung zeigt nun anhand von Beispielen von sieben Künstlern aus Schwaben, wie unterschiedlich die Ergebnisse ausfallen können. Fundstücke aus der Natur treten dabei künstlerisch oder maschinell hergestellten Dingen gegenüber. ● Marianne Ranftl aus Nördlingen verwendet Stoffe aus rund 100 Jahren und näht und gestaltet sie zu neuer Form. In Oberschönenfeld ist „Konfekt“zu sehen – eine großformatige Installation, bei der sie Prali- nen gestaltet hat. ● Helmut Ranftl aus Nördlingen schätzt wie seine Frau Marianne vor allem historische Formen und Materialien sehr. Er zeigt Materialcollagen aus Fotografien. Die so „gebauten“Bilder zeigen oft Holzmaserierungen. Einzelmotive werden in einen neuen Zusammenhang gebracht und digital überarbeitet, beispielsweise seine „Tsunamiopfer“. Sie spiegeln Vergänglichkeit wider. ● Wolfgang Mennel aus Ziemetshausen bedient sich in seiner „Familienlandschaft“alter Fotografien aus Familienalben. Mit einer speziellen Technik überträgt er diese auf Gipsformen, die wiederum Alltagsgegenständen abgeformt sind. Er sieht dies als Gleichnis für den Umstand, dass sich alle Menschen „ihre Erinnerungen zusammenbauen“. In der Reihe „Simulakrum“nimmt er Fotos, meist Porträts von Menschen, zerknittert die Papierabzüge und fotografiert diese erneut. So werden die Gesichter verändert, erhalten einen neuen Ausdruck. ● Wolfgang Schenk aus Welden verleiht zufällig vorgefundenen Dingen neue Bedeutung. Seine Installation mit teilweise jahrzehntealten Nahrungskonserven in Weckgläsern aus einem alten Bauernhaus lässt an wissenschaftliche Sammlungen denken. Doch er spielt damit, stellt immer wieder selbst hergestellte „Fakekonserven“mit Latexgebilden dazwischen – echt und falsch werden verwischen. ● Matthias Wohlgenannt aus Wolfratshausen wurde in Heimenkirch/ Westallgäu geboren. Er arbeitet mit billigem Material aus dem Alltagsleben, beispielsweise Wattestäbchen, und kombiniert dies zu scheinbar kostbaren Gebilden, die an fragile Korallen erinnern. Etwas makaber allerdings muten seine „Hornpalmen“an, die er aus im Zeitraum von elf Jahren geschnittenen Fingernägeln zu einem Wald gestaltet hat. ● Hama Lohrmann aus Fischach kombiniert ausschließlich Fundstücke, die er vor Ort findet, an der Fundstelle neu. Im Laufe der Zeit verschwindet oder zerfällt die jeweilige Installation – doch Hama Lohrmann fotografiert sie und verleiht seiner Kunst dadurch dauerhaftes Leben. ● Helen Pavel aus Irsee arbeitet insbesondere mit Papier und Kunststoffen. Auch großformatige Gebilde, die sie im ersten Stock der Schwäbischen Galerie über den Köpfen schweben lässt, bestechen durch die Leichtigkeit ihrer Wirkung. O
Ausstellung Die Aus stellung ist bis zum 27. August Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet.