Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo scheinbar Nutzloses neue Liebhaber findet
Selbstversuch Die Tauschbörse beim Oberschönenfelder Museumsfest bringt Menschen zusammen. Was sie mitbringen und wieder nach Hause nehmen und warum sie deshalb glücklich sind
Oberschönenfeld
Der Selbstversuch dauert keine fünf Minuten. Kaum aus den Augen gelassen, findet sich bei der Tauschbörse des Oberschönenfelder Museumsfests schon ein neuer Besitzer für die mitgebrachte Fahrradsirene. Rosemarie Panradl aus Agawang freut sich über das Teil, das am Fahrradlenker montiert wird und überall für Aufsehen sorgt. Schließlich erinnert die Sirene mehr an einen Feueralarm als an eine klassische Glocke. Rosemarie Panradl sagt: „Super. Das ist genau das Richtige für meinen Enkel Jonas.“Zum Tausch mitgebracht hat sie zerbrechlichen Weihnachtsschmuck aus Glas, eine kleine Spieluhr aus Holz und mehrere Teddybären. Sie wechseln im Lauf des Museumsfests, das am Sonntag mit einem breiten Mitmachangebot schätzungsweise 2000 Gäste in die Anlage rund um das Volkskundemuseum und das Bauernmuseum Staudenhaus gelockt hat, den Besitzer.
Auch der reich verzierte Maßkrug mit Zinndeckel bekommt neue Nutzer: Über das Tauschobjekt für die Fahrradsirene freuen sich Willi und Hildegard Dettenrieder aus Margertshausen, Karlheinz Hofbaur aus Wollishausen, Ludwig Klimm aus Gessertshausen und Sieglinde Walter aus Margertshausen, die wenige Meter entfernt beim Frühschoppen über den „Wert der Dinge“ratschen. Darum geht es aktuell in der Sonderausstellung des Volkskundemuseums.
Die Schau wirft unter dem Titel „Sparen, verschwenden, wiederverwenden“einen Blick auf den enormen Wandel vom sparsamen, oft durch Not und Mangel geprägten Umgang mit den Dingen bis hin zur heutigen Wegwerfmentalität. „Früher hatte man vieles mehr geschätzt und ist vorsichtiger damit umgegangen“, erinnert sich Hildegard Dettenrieder. Vieles sei außerdem langlebiger gewesen. Die Waschmaschinen zum Beispiel. Dettenrieder: „Früher liefen sie bis zu 20 Jahre. Heute sind es oft nur acht Jahre.“
Damals seien die ersten Waschautomaten eine regelrechte „Befreiung für die Hausfrau“gewesen, erklärt Gertrud Roth-Bojadzhiev bei der Die zunehmende Technisierung ersetzte nach und nach die oft mühsamen Arbeitsgänge. Wäschewaschen wurde bequemer. Und schneller.
Mit der Zeit und dem Fortschritt ging allerdings auch der sorgsame Umgang mit vielen Dingen verloren. In der Vergangenheit sei zum Beispiel ein kaputter Topf noch zum Schmied zur Reparatur gebracht worden. „Heute landet er auf dem Müll“, sagt Karlheinz Hofbaur. Das liegt auch am Preis. „Vieles ist ver- hältnismäßig billig“, meint Helga Thalmann-Schwarz von der Abfallwirtschaft des Landkreises, welche die Tauschbörse unterstützt und ähnliche Angebote dauerhaft in Konradshofen, Steinekirch und Schwabmünchen unterhält.
Mit der Konsumgesellschaft, die deutlich mehr Müll produziert, sind auch alte Handwerke verschwunden. Knöpfe zum Beispiel sind heute Massenware. Früher fertigte sie der Knopfmacher. An ihn erinnert beim Museumsfest die TrachtenMuseumsführung. kulturberatung des Bezirks. Marianne Schmidt aus Waldberg und Margot Heilmann aus Dinkelscherben gefällt die filigrane Arbeit.
„Altes Handwerk muss jungen Menschen wieder vermittelt werden“, meint Schmidt, die einen Serviettenhalter aus Zinn zur Tauschbörse bringt. Margot Heilmann hat ein Infrarot-Massagebrett dabei. Auch Herbert Hammermüller aus Untermeitingen hätte etwas mitgebracht.
Zu spät: Erst vor Ort hat er von
der originellen Aktion erfahren. Begeistert ist er trotzdem, zumal er ein kleines Büchlein für sich entdeckt: Sinnstiftende Texte des Dalai Lama, der zu vermitteln versucht, was Glück ist – nämlich die Kunst, die richtige Perspektive zu gewinnen. Wie passend: Auch bei der Tauschbörse findet der eine oder andere sein persönliches Glück. Ausstellungsmacherin Dorothee Pesch ist zufrieden: „Das Angebot wurde super angenommen und hat Menschen zusammengebracht.“