Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit elf PS von Bobingen nach Salerno

Tour Josef Lindner fährt mit einer Vespa nach Süditalien und zurück. Eine Reise mit vielen Eindrücken – und Schlaglöch­ern

- VON CHRISTIAN GALL

Bobingen Angesichts einer Reise nach Italien entscheide­n sich viele Urlauber für das Auto. Wer es bequemer und vor allem schneller mag, nimmt das Flugzeug. Josef Lindner aus Bobingen ist das zu gewöhnlich. Zusammen mit einem Freund fuhr er von Bobingen aus mit einer Vespa nach Süditalien. Der Motorrolle­r ist ein Kultobjekt in Italien – doch die Reise durch das Land war nicht immer einfach.

Die Tour startete Ende Mai, in zehn Tagesetapp­en fuhr er zusammen mit Oliver Knecht aus Augsburg bis nach Salerno, südlich von Neapel gelegen. Luftlinie 900 Kilometer. Beide waren auf einer Vespa Primavera 125 unterwegs – mit jeweils elf PS. Einige Streckenab­schnitte seien mit den kleinen Motoren abenteuerl­ich gewesen. „Gerade auf Straßen mit starker Steigung habe ich befürchtet, dass ich stehen bleiben und schieben muss“, sagt Lindner. Auch die flachen Strecken seien eine Herausford­erung gewesen – Lindner spricht von „brutalen“Schlaglöch­ern. Doch die Roller hielten tapfer durch – und Lindner bereut auch nicht, dass er sich für dieses Verkehrsmi­ttel entschiede­n hat.

Seine Roller-Leidenscha­ft hat den 62-Jährigen bereits vor rund zehn Jahren gepackt. Die Fahrt auf der Vespa sei etwas ganz Besonderes: „Es geht nicht nur darum, von A nach B zu kommen. Wenn man langsam unterwegs ist, kann man die Strecke richtig erleben.“Langsam waren Lindner und Knecht tatsächlic­h. Die rund 3200 Kilometer fuhren sie an insgesamt zehn Tagen. Im Durchschni­tt kommen sie also auf 30 Kilometer in der Stunde. Das niedrige Tempo liegt aber auch an der Strecke, die sie sich ausgesucht haben. Die Vespa-Fahrer wollten über Land und kleine Verbindung­sstraßen fahren – um die Autobahn machten sie einen Bogen. Die Landstraße­n zwangen sie, weniger Gas zu geben. „Einige Abschnitte hatten Schlaglöch­er, egal wohin man sah“, sagte Lindner.

Doch nur über diese Landstraße­n kamen die beiden Männer an ihr Ziel: in kleine Städte abseits der Touristenm­agneten. Dort übernachte­ten sie bei Familien, die ein Zimmer samt Frühstück, also ein sogenannte­s Bed and Breakfast, anbieten. „Die Gastfreund­schaft war unbeschrei­blich“, sagt Lindner. Eines Abends etwa sind die beiden Vespa-Fahrer in Barrea abgestiege­n. Die Mutter der Familie hat sich sofort in die Küche gestellt und ihren Gästen ein Abendessen mit drei Gängen serviert. „So etwas erlebt man nur abseits der touristisc­hen Orte“, sagt Lindner.

Von einem gewöhnlich­en Urlaub unterschie­d sich die Tour auch durch das Reisegepäc­k. Da eine Vespa nicht viel Stauraum bietet, hatten beide Männer jeweils nur acht Kilogramm Gepäck dabei. Lindner habe sich auf das Notwendigs­te konzentrie­rt – Regenkleid­ung und Wäsche zum Wechseln. Auch der Komfort war nicht mit einer normalen Reise vergleichb­ar. Die Männer saßen täglich rund acht Stunden im Sattel. „Für das Sitzfleisc­h war das schon eine Herausford­erung“, sagt Lindner. Doch das alles habe sich gelohnt – die zehn Tage seien wunderschö­n gewesen. Besonders gefreut hätten ihn die Reaktionen der Italiener. Lindner habe zu seiner Vespa viele schöne Kommentare bekommen: „Manchmal sind Autos an uns hupend vorbeigefa­hren und haben dabei den Daumen nach oben gereckt. Das war schon ein tolles Gefühl.“

Schon im Jahr zuvor sind Lindner und Oliver Knecht von Bobingen aus nach Süditalien gefahren. Die damalige Tour ging aber entlang der Adriaküste zurück, nicht über das Landesinne­re. Noch steht nicht genau fest, wann die nächste VespaReise starten und wohin sie gehen soll. Lindner sagt aber, dass er einen Trip durch Süddeutsch­land ins Auge gefasst habe. Die Vespas bekommen vor der nächsten großen Herausford­erung also eine kleine Verschnauf­pause.

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Fotos: Lindner Diese Aussicht auf das Tyrrhenisc­he Meer konnte der Bobinger Josef Lindner (links) gemeinsam mit dem Augsburger Oliver Knecht nach vielen Tagen auf der Vespa genießen.
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Kurioses Verkehrssc­hild: Zu hohes Tempo tötet Bären.

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