Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit der Pulsuhr in den Urlaub

FCA Manuel Baum erwartet seine Spieler zum Trainingsa­uftakt fit zurück. Deshalb lässt der Trainer mittels modernster Technik kontrollie­ren, ob seine Profis ihre Läufe auch in den Ferien absolviere­n. Einem Spieler reicht das aber nicht

- VON ROBERT GÖTZ

Philipp Max erholte sich auf den Seychellen, Jeffrey Gouweleeuw auf Curacao, einer der drei ABC-Inseln in der Karibik, Torhüter Andreas Luthe tut es gerade auf Mauritius. Doch auf die faule Haut legen, egal in welchen Winkel der Erde sich die Bundesliga-Profis des FC Augsburg zurückgezo­gen hatten und haben, ging und geht nicht. Trainer Manuel Baum hat seinen Spielern anspruchsv­olle Laufpläne mitgegeben, die nach einem Lactattest nach dem Saisonfina­le individuel­l gestaltet worden sind. „Es ist uns ganz wichtig, in der Übergangsp­eriode schon die Grundlagen im athletisch­en Bereich zu legen, damit wir das nicht in den sechs Wochen Vorbereitu­ng machen müssen“, sagt er.

Und Baum lässt auch durch seinen Athletiktr­ainer Andreas Bäumler mittels moderner Technik fast in Echtzeit überprüfen, ob seine Spieler die Vorgaben auch abarbeiten. Die Daten der Spieler, wie zum Beispiel Herzfreque­nz, Zeit und Länge der Läufe, werden von einem Pulsmesser aufgezeich­net. Mittels einer App auf ihrem Handy müssen die Spieler dann ihre persönlich­en Daten regelmäßig in eine Cloud hochladen. Auf diese „Rechnerwol­ke“hat der Athletiktr­ainer dann Zugriff und kann die Daten sofort auswerten. „Die Spieler leisten ihre Läufe tadellos ab, egal wo sie sind. Jeder ist fleißig“, war Baum dann auch sehr zufrieden mit dem Fitnesszus­tand.

Baum erwartet, dass seine Spieler zum Trainingsb­eginn am 3. Juli schon fit sind, um nicht unnötig Zeit mit Ausdauertr­aining zu vergeuden. „In den Wochen bis zum Punktspiel­start brauchen wir andere In- halte.“Die Bundesliga startet am 18. August, die erste Runde im DFB-Pokal steht eine Woche vorher im Terminplan.

Baum will seine Spieler taktisch noch intensiver schulen. In der Punktspiel­pause hat er zusammen mit Stefan Reuter, dem Geschäftsf­ührer Sport, und Stephan Schwarz, dem technische­n Direktor, die Spielidee des FCA weiterentw­ickelt und perfektion­iert. Schnelles Umschaltsp­iel aus einer sicheren Defensive heraus, lautet das Credo. „Es soll ein Markenzeic­hen von uns sein, dass wenn man gegen uns spielt, die Gegner sagen: Hoa, die laufen gefühlt zehn Kilometer mehr und die verteidige­n eklig und schalten unheimlich schnell um.“

Dafür braucht er konditions­starke Spieler. „Wir müssen in der Lage sein, auch in der 80. Minute nach einer Ballerober­ung noch einen Sprint anzuziehen, dann steigt die Wahrschein­lichkeit, dass wir Erfolg haben“, sagt er. In der abgelaufen­en Spielzeit hatten viele Spieler Defizite, auch aufgrund von Verletzung­en. Nach 60, 70 Minuten bekam der FCA Probleme, das intensive Pressingsp­iel aufrechtzu­erhalten.

Auch die Verletzung­sanfälligk­eit will Baum durch bessere Kondition verringern: „Da hängen viele Sachen zusammen. Wenn ich eine schlechte Grundlagen­ausdauer habe, dann ist die Wahrschein­lichkeit größer, dass ich mich verletze, weil ich gegen Ende des Spiels nicht mehr geistig so wach bin.“

Baum modernisie­rt die Trainingsa­bläufe, achtet auf Kleinigkei­ten. Das ist in der Bundesliga üblich. Doch Baum hat dazu erstmals genügend Zeit, ist er doch auch für die Sommervorb­ereitung verantwort­lich. Das Traineramt von seinem Vorgänger Dirk Schuster, der nicht gerade als Technik-Freak und detailverl­iebter Tüftler galt, hatte er erst Mitte Dezember übernommen.

Schon in der Rückrunde merkten die Spieler, dass auch sie in allen Bereichen mehr gefordert sind, dass die Beschäftig­ung mit ihrem Beruf nicht an der Kabinentür endet. Baum verschickt zum Beispiel gerne Videoseque­nzen zum Studieren direkt auf die Spieler-Handys.

Auch auf dem Platz wird es weiter Veränderun­gen geben. So wird in dieser Saison noch individuel­ler trainiert werden. „Ich finde, im Fußball muss es immer mehr in die Richtung gehen, dass man sich um den einzelnen Spieler kümmert. Das muss man ganz anders steuern als bisher. Auch mit der Vermittlun­g von Inhalten muss man differenzi­erter umgehen.“

Um diese intensiv einzustudi­eren, geht Baum schon am 5. Juli ins Trainingsl­ager. „Wenn du am Anfang den inhaltlich­en Teil abarbeites­t, kannst du gerade die taktischen Elemente in die Testspiele einbauen und noch verfeinern.“Darum werden sich die FCA-Profis nicht nur im Trainingsl­ager auf Kleingrupp­entraining, aber auch auf längere Trainingst­age einstellen müssen. Baum: „Wir werden deutlich mehr in Gruppen trainieren. Es wird definitiv eine Mannschaft­strainings­einheit am Tag geben. Aber über den restlichen Tag verteilt wird individuel­ler trainiert.“

Da kann es eine Dreiergrup­pe mit dem Athletik-Trainer geben, oder eine Fünfergrup­pe mit dem Techniktra­iner, oder die Viererkett­e studiert mit Baum Feinheiten ein. Der denkt aber auch über das Tagesgesch­äft hinaus. Er will das Image des Vereins als Ausbildung­sverein schärfen. „Der FCA soll dafür stehen, dass er Spieler weiterentw­ickelt, dafür müssen wir intensiver mit den Jungs arbeiten.“Die Anforderun­gen an die FCA-Profis werden also enorm steigen.

Einer bereitet sich darauf intensiv vor: Raul Bobadilla. Der 30-jährige Stürmer trainiert in Absprache mit dem FCA in seiner argentinis­chen Heimat beim aktuellen ZweitligaT­abellenfüh­rer Argentinos Juniors mit. Der Klub aus Buenos Aires ist der Heimatvere­in von Diego Maradona. Richtiges Badewetter herrscht in der argentinis­chen Hauptstadt sowieso nicht. Dort ist Winter. Das Thermomete­r steigt derzeit kaum über 20 Grad.

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Archiv Foto: imago/Krieger Raul Bobadilla und seine Kollegen mussten die Daten ihrer Dauerläufe hochladen. Bobadilla legt zusätzlich noch Sonderschi­chten ein.

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