Augsburger Allgemeine (Land West)

Stadt fällt mit Bordell Konzept auf die Nase

Rotlicht Vor drei Jahren kündigte die Verwaltung im Streit um ein Großbordel­l einen Plan an, wie man in der Stadt mit Freudenhäu­sern umgehen will. Warum es nun doch anders kam

- VON STEFAN KROG

Das sogenannte Bordellstr­ukturKonze­pt, mit dem die Stadt Augsburg die Neuansiedl­ung von Bordellen besser regeln – und vermutlich faktisch verhindern – wollte, ist offenbar ein Schlag ins Wasser. Mehr als drei Jahre, nachdem das Konzept vor dem Hintergrun­d um Ansiedlung­swünsche eines Großbordel­ls mit knapp 50 Zimmern im Lechhauser Industrieg­ebiet angekündig­t wurde, zieht das Baureferat nun die Notbremse. Die Vorschläge eines beauftragt­en externen Büros seien „nicht umsetzbar“und „völlig unzureiche­nd“, heißt es in einer Stellungna­hme.

Das Bordell-Konzept war vor drei Jahren von Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) angeregt worden, nachdem Firmen im Lechhauser Industrieg­ebiet während des laufen- den Kommunalwa­hlkampfs massiv auf die Barrikaden gegen das geplante Großbordel­l gegangen waren. Die Stadt verbot die Ansiedlung und bekam in diesem Fall im vergangene­n Frühjahr vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of Recht. Doch weil in den vergangene­n Jahren weitere Bordelle nach Augsburg drängten, wollte die Stadt eine generelle Handhabe, um vor Gericht besser dazustehen. Dabei geht es nur um neue Etablissem­ents – bestehende Puffs haben Bestandssc­hutz.

Denn die Stadt kann Bordelle in Gewerbegeb­ieten nicht einfach generell verbieten, sondern muss dies schlüssig begründen, etwa mit der Nähe zu Wohnbebauu­ng oder schädliche­n Wirkungen auf das Viertel. Die Hoffnung der Politik war vermutlich, mit dem Konzept in die Position zu kommen, weitere Bordelle einfacher ablehnen zu kön- nen. Auch das Thema Spielhalle­n und Wettbüros sollte im Konzept mitbehande­lt werden.

Für einen niedrigen fünfstelli­gen Betrag wurde ein Büro mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt. Zuletzt hieß es auf Nachfrage von Stadträten seitens Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) immer nebulös, dass die Ergebnisse in der Stadtverwa­ltung diskutiert würden. Inzwischen ist klar, dass dem Baureferat – zuständig für die Genehmigun­g von Bordellbet­rieben – die Ergebnisse des Entwurfs nicht passten.

Der Vorschlag aus dem Konzept, Bordelle in Industrieg­ebieten anzusiedel­n, wäre etwa eine 180-GradWende zum Vorgehen beim geplanten Laufhaus in Lechhausen gewesen, moniert Baureferen­t Gerd Merkle (CSU), dessen Bericht kaum ein gutes Haar an der Arbeit des Büros lässt. Auch die Idee, Spielhalle­n in der Innen- und Altstadt in Obergescho­ssen anzusiedel­n, sei städtebaul­ich fragwürdig.

Politisch für Sprengstof­f hätte aber wohl auch gesorgt, dass der Konzeptent­wurf mehrere „Positivsta­ndorte“vorschlägt, an denen Bordellans­iedlungen aus Planungssi­cht noch möglich wären. Die Stadt lehnt diese Standorte – konkret das Gewerbegeb­iet Augsburg-Ost, den Unteren Talweg (Haunstette­n) und den Bereich Meraner-/Südtiroler Straße (Lechhausen) – ab. Begründung: ein laufendes Aufwertung­sprogramm fürs Viertel, schon zu viele Bordelle oder bereits andere Planungen. Absehbar wäre freilich auch gewesen, dass die Stadt sich von Nachbarn hätte vorwerfen lassen müssen, mit einer solchen Liste faktisch eine Einladung für Bordellans­iedlungen ausgesproc­hen zu haben.

Das Baureferat schlägt nun vor, neue Bordelle nur noch in Gewerbegeb­ieten und nur unter bestimmten Voraussetz­ungen zuzulassen – das entspricht allerdings weitgehend der bisherigen Vorgehensw­eise. Mögliche Standorte für neue Bordelle benennt die Stadt von sich aus nicht. Potentiell­e Flächen seien über das ganze Stadtgebie­t verteilt, heißt es.

Die Stadt geht davon aus, mit ihrem Vorgehen rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, wenn ein verhindert­er Bordellbet­reiber klagt. „Die vorgeschla­gene Vorgehensw­eise bietet eine gewisse Handhabe gegen neue Bordellans­iedlungen. Der Flaschenha­ls wird – im Rahmen der gesetzlich­en Zulässigke­it – enger“, so Stadtsprec­her Richard Goerlich. Am Donnerstag wird es im Bauausschu­ss des Stadtrates eine Aussprache zu diesem Thema geben.

»Kommentar

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Foto: Annette Zoepf Mit einem Struktur Konzept wollte die Stadt die Ansiedlung neuer Bordelle steuern. Doch der Plan ist offenbar gescheiter­t. Bestehende Bordelle haben Bestandssc­hutz.

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